Montag, 30. Juni 2008

Sarkopenische Adipositas und Krebs

Wir wissen inzwischen (obwohl das vielen noch nicht so ganz bewusst ist), dass Adipositas ein relevanter Risikofaktor für Krebs ist. Andererseits tendieren bei vielen chronischen Krankheiten die schwereren Patienten zur besseren Prognose und zum längeren Überleben (das sogenannte Adipositas-Überlebensparadox).

Letzte Woche veröffentlichten Forscher der Universität von Alberta eine Studie in The Lancet Oncology, die der ohnehin komplexen Beziehung zwischen Adipositas und Krebsüberleben noch eine weitere Facette hinzufügt. Clarisse Miranda Prado und andere Wissenschaftler der Universität von Alberta wie die Krebskachexie-Forscherin Vickie Baracos untersuchten 2115 Patienten mit soliden Tumoren der Atemwege (Bild) oder des Gastrointestinaltrakts. 325 (15%) von ihnen wurden als adipös klassifiziert (Body Mass Index [BMI] > 30).

Mithilfe von CT-Bildern zeigten die Untersucher, dass die Muskelmasse bei den adipösen Patienten in einem großen Bereich variierte. 15% der analysierten adipösen Patienten erfüllten die Kriterien für eine sarkopenische Adipositas, also eine Situation mit geringer Muskelmasse. Definitionsgemäß haben sarkopenische adipöse Patienten mehr Körperfett und weniger fettfreie Körpermasse als nichtsarkopenische Patienten mit vergleichbarem Gewicht.

Die sarkopenische Adipositas war nicht nur mit einem schlechteren Allgemeinzustand assoziiert, sondern das Mortalitätsrisiko war bei diesen Patienten auch viermal so hoch wie bei nichtsarkopenischen Patienten.

Die Forscher zogen darüber hinaus ihre Daten auch für eine Berechnung heran, nach der die üblichen Dosierungskriterien für Zytostatika bei sarkopenischen Patienten eher zur Überdosierung und damit zu einem höheren Nebenwirkungsrisiko führen.

Insgesamt zeigt diese Studie, dass Adipositas nie einfach Adipositas ist und dass der BMI in der Klinik ein eher unbrauchbares Konzept ist (ein Aspekt, den ich bereits diskutiert habe). Ohne die Zusammensetzung der Körpermasse zu beurteilen ist ein rationales Management übergewichtiger Patienten einfach nicht möglich.

Das Gewicht eines Patienten sagt wenig über Gesundheit oder Krankheit aus. Sie erinnern sich, das Gewicht allein ist ein eher ungeeignetes Maß für Gesundheit.

AMS
Edmonton, Alberta

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