Dienstag, 15. Juli 2008

Nochmal: Mitochondrien und Adipositas

Vor einigen Monaten schrieb ich im Blog über die Ergebnisse einer Finnischen Zwillingsstudie. Sie fand geringere Mitochondrienzahlen und einen gestörten mitochondrialen Energiehaushalt in Fettzellen eineiiger Zwillinge, die schlanker als ihre genetisch identischen Zwillingsgeschwister waren. Diese Störungen korrelierten mit kritischen klinischen Adipositas-Befunden wie Leberfettakkumulation, verminderte Insulinsensitivität im Gesamtorganismus, Hyperinsulinämie, Hypoadiponektinämie und Adipozytenhypertrophie.

In der aktuellen OBESITY-Ausgabe berichten Tomas Gianotti und Mitarbeiter von der Universität von Buenos Aires, Argentinien, über einen signifikant niedrigeren Quotienten aus mitochondrialer DNS zu Kern-DNS (mtDNA/nDNA) bei insulinresistenten (IR) Adoleszenten, die eine Untergruppe (n=175) einer populationsbasierten Querschnittsstudie von 934 Highschool-Schülern bildeten. In dieser Studie war der mtDNA/nDNA Quotient auch invers korreliert mit dem HOMA Index, einem groben, aber einfachen Maß für die Insulinresistenz.

Diese Studie spricht sehr für die Vorstellung, dass Individuen mit Neigung zu Adipositas eine verminderte Zahl oder Funktion der Mitochondrien haben und dass dies wiederum das Adipositasrisiko erhöht.

Aus der erwähnten Zwillingsstudie wissen wir, dass eine Gewichtsabnahme die verminderte Zahl und Funktion nicht korrigiert.

Aber es stellt sich die Frage, ob die Mitochondrienzahl und -funktion durch "Verschreiben" vermehrter Aktivität beeinflusst werden kann oder nicht. Wenn ja, wie viel Aktivität wäre notwendig, um diese Änderungen rückgängig zu machen? Noch wichtiger, werden die Menschen mit beeinträchtigter Mitochondrienfunktion die vermehrte Bewegung in einem Ausmaß genießen können, dass sie diese Verordnung auch langfristig befolgen?

Vielleicht ist es nicht die Adipositas, die eine Beeinträchtigung der Mitochondrienfunktion verursacht, sondern gestörte Mitochondrienzahl und (oder ) Funktion prädisponieren zur Adipositas. Diese Störung könnte genetischer Art sein, aber auch auf intrauterine Programmierung zurückgehen oder gewissermaßen auf dem Ziehen der falschen Karte beruhen (Sie erinnern sich, sämtliche mtDNS kommt von der Mutter).

Das ist natürlich keine "Entschuldigung" für Adipositas, wie eine häufige Fehlinterpretation lautet, wenn Daten zur Genetik oder Biologie vorgestellt werden. Aber es ist klar, dass man bei verminderter Mitochondrienzahl und (oder) -Funktion viel einfacher in einer bewegungsarmen Umgebung adipös wird, als wenn physische Aktivität unverzichtbar wäre, um die Grundbedürfnisse zum Überleben zu sichern.

Die Zeiten liegen noch nicht so lange zurück, als die Menschen dafür bezahlt wurden, körperlich aktiv zu sein. Heute ist es umgekehrt. Die Wahl, körperlich aktiver zu sein, kostet Geld (ganz zu schweigen von der Zeit).

AMS
Edmonton, Alberta

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