Mittwoch, 27. August 2008

Unrealistische Erwartungen garantieren Enttäuschung

Eines meiner Lieblingszitate lautet: "Keiner, der versucht das Unmögliche möglich zu machen, wird für sein Scheitern bewundert" .

Schon früher habe ich über unrealistische Erwartungen beim Gewichtsmanagement gebloggt. Einer der Hauptgründe für die erfolgreiche Einführung einer Orientierungsphase in unserem Weight Wise Programm war tatsächlich, die oft überzogen optimistischen Erwartungen der Patienten, wieviel Gewicht sie tatsächlich abnehmen und dann halten können, zu dämpfen.

Ein Großteil der Patienten hofft auf einen Gewichtsverlust von 50% des Ausgangsgewichts. Dagegen lautet die traurige Wahrheit, dass der durchschnittliche Patient selbst mit chirurgischer Behandlung "nur" etwa 25% abnimmt, jedenfalls, wenn alles gut läuft!

Warum ist es so wichtig, auf die Erwartungen einzugehen?

Weil unrealistische Erwartungen eine Enttäuschung garantieren (für die Mathematiker unter den Lesern: S=O/E, wobei S für Satisfaction [Zufriedenheit], O für actual Outcome [tatsächliches Ergebnis], E für Expectations [Erwartungen] steht; wenn S<1 ist der Patient unzufrieden oder enttäuscht).

Das Thema überzogene Erwartungen beschränkt sich nicht auf die Gewichtsabnahme. Janet Polivy (University of Toronto) nannte dies in einem sehr schönen Beitrag im International Journal of Obesity (2001 - PDF kostenfrei zum Download) das Syndrom der Falschen Hoffnung.

Im Kontext des Gewichtsmanagements ist dieses Syndrom durch oft grotesk unrealistische Erwartungen in folgenden Punkten charakterisiert:

1. wie viel Gewicht (auch auf Dauer) abgenommen werden kann

2. wie lange das dauert

3. wie schwierig es ist, den Lebensstil zu ändern

4. wie groß die Auswirkungen dieser Änderungen (Abnahme) auf andere, zumeist nicht gesundheitsbezogene Aspekte des Leben sind (z.B. besserer Job, attraktiver für mögliche Partner usw.)

Wenn irgend eine der hierbei herrschenden Erwartungen nicht erfüllt werden, ist das Ergebnis pure Enttäuschung, Entmutigung und das Gefühl des Versagens.

Daher ist jeder, der sich mit Gewichtsmanagement befasst, moralisch und ethisch verpflichtet, den Patienten auszureden, dass sie alle zu Kens und Barbies werden, wenn sie sich nur hart genug anstrengen.

Leider ist es für Gesundheitsanbieter sehr einfach, auf diese übertriebenen Erwartungen ihrer Patienten einzusteigen oder sie sogar noch zu wecken, indem sie das Unmögliche fordern und auch selbst erwarten. So wartet beispielsweise auf den Orthopäden, der von seinem Patienten erwartet, vor einem Hüftgelenkersatz 30% abzunehmen, geradezu ein Prozess wegen “mentalen Missbrauchs” (zumal die Evidenz dafür, dass adipöse Patienten von einer künstlichen Hüfte weniger profitieren als nichtadipöse Patienten, reichlich dünn ist).

Es gibt wenig Zweifel daran, dass einer der Hauptfaktoren für diese viel zu hohen Erwartungen die zahllosen kommerziellen Abnehm-Programme, Produkte, Bücher und Schwindel sind, die mit der Fantasie der Menschen Schindluder treiben, trotz der realen Tatsache, dass nur sehr wenige (wenn überhaupt irgend welche) Anwender dieser Produkte und Dienstleistungen tatsächlich irgend eines ihrer langfristigen Ziele erreichen. Erstaunlich, die Schwindler kommen ungestraft davon, weil die Anwender komischerweise dazu neigen, sich selbst die Schuld zu geben, statt das nutzlose Produkt oder den
Service für ihr Versagen verantwortlich zu machen. In den seltenen Erfolgsfällen dagegen war es natürlich das Programm, das den Erfolg gebracht hat.

So ist das natürlich für die Anbieter kein schlechtes Geschäft!

Bei ethischen Programmen erwarte ich an allererster Stelle, dass alle möglichen Anstrengungen unternommen werden, um das Syndrom der Falschen Hoffnung zu diagnostizieren und anzugehen, BEVOR die eigentliche Therapie beginnt. Das zu unterlassen garantiert ein Versagen, Enttäuschung und einen Relaps.

AMS
Edmonton, Alberta

Dienstag, 26. August 2008

Antipsychotika und Essverhalten

Über den deutlichen Effekt von Antipsychotika der zweiten Generation (second generation antipsychotics/SGA) auf eine Gewichtszunahme habe ich bereits im Blog hingewiesen. In einem neuen Artikel von Melissa Blouin und Mitarbeitern der Laval University in Quebec City, in der August-Ausgabe von OBESITY erschienen, wird die Wirkung dieser Medikamente auf Appetit, Hunger, Sättigung, Esskontrolle und Nahrungsmittelpräferenzen bei Patienten unter SGA-Therapie (n=20) untersucht und mit Kontrollen (n=18) verglichen.

Nach einem standardisierten Frühstück hatten Patienten unter SGA-Therapie mehr Hunger, kontrollierten sich bewusster bei der Nahrungsaufnahme, empfanden eine geringere Disinhibition und ein stärkeres Hungergefühl als die Kontrollen. Im Gegensatz zu den Kontrollen war die Disinhibition bei den Patienten unter SGA im Wesentlichen von inneren Triggern ausgelöst. Obwohl Patienten unter SGA ein stärkeres strategisches Beherrschungsverhalten zeigten, berichteten sie über ein geringeres Sättigungsgefühl nach einer Buffet-Mahlzeit. Bei den Nahrungsmittelpräferenzen wurden keine Unterschiede gesehen.

Diese Studie hat einige interessante Blickwinkel. Die SGA-behandelten Patienten waren nicht nur sensibler gegenüber dem Hungergefühl, sondern sie kontrollierten auch bewusster ihre Nahrungsaufnahme, möglicherweise als eine Strategie zur Gewichtskontrolle. Das erklärt natürlich teilweise die Tatsache, dass sie sich nach einer Mahlzeit weniger satt fühlten als die Kontrollen.

Es ist bekannt, dass eine bewusste Zurückhaltung, das freiwillige Einschränken der Nahrungsaufnahme, eine Tendenz zum Zuviel-Essen bis hin zum suchtartigen Essen nach sich zieht, sobald die Restriktionen aufgehoben werden (z.B. soziale „Enthemmung“). Das Endergebnis ist paradoxerweise ein Gewichts(wieder)anstieg. Dieses gegenregulatorische Phänomen wurde von Janet Polivy (University of Toronto) eingehend beschrieben und zeigt im Wesentlichen, dass Nahrungsentzug bei Menschen, die sich einer Diät unterziehen (erzielt mit bewusster Nahrungsrestriktion) eine Neigung zum Zuvielessen nach sich zieht, und dies erklärt, warum eine langfristige Diät für kontrolliert Essende nicht funktioniert. Mit anderen Worten: Der Versuch, einfach weniger zu essen, um die Adipositas zu behandeln, ist zum Scheitern verurteilt!

Aus humanitärer Sicht scheinen die Patienten unter SGA-Therapie in einem Teufelskreis gefangen: Die Antipsychotika verändern das Essverhalten in Richtung höheres Gewicht – die Patienten versuchen, eine weitere Zunahme zu verhindern, indem sie bewusst ihre Nahrungsaufnahme einschränken – sie fühlen sich weniger gut gesättigt und essen schließlich noch mehr.

Kompliziert!

Wir wissen aus dieser Studie noch nicht, ob das abweichende Verhalten der Patienten an ihrer Medikation liegt oder an der Grundkrankheit. Eine dritte Gruppe von Probanden, deren Psychose mit älteren Antipsychotika behandelt wird, hätte diese Frage beantworten können.

Auf jeden Fall zeigt die Studie, dass wir sehr vorsichtig damit sein müssen, jemanden mit Adipositas für diesen Zustand einfach selbst verantwortlich zu machen. Denn diese Studie erinnert daran: eine Zunahme zu vermeiden, indem man einfach weniger isst, das ist oft geradezu das beste Rezept für eine langfristige Gewichtszunahme.

AMS
Edmonton, Alberta

Montag, 25. August 2008

Noch ein Antisuchtmittel gegen Adipositas?

Über die enge Beziehung zwischen bestimmten Adipositas-Formen und Sucht habe ich schon häufiger im Blog geschrieben. Viele Patienten, die gegen Adipositas kämpfen, geben nicht nur offen eine "Esssucht" zu, sondern etliche Medikamente gegen Adipositas wie Rimonabant (ein CB-1 Rezeptorantagonist) oder Contrave (eine Kombination aus Buproprion und Naltrexon) sprechen auch gezielt das neuronale Netz der suchtverantwortlichen Syteme im Gehirn an.

Eine neue Ergänzung mit diesem Ansatz könnte Gaba-Vinyl-GABA (GVG) oder Vigabatrin werden, ein Antiepileptikum, das derzeit in Phase II für Patienten mit Kokain- und Methamphetaminabhängigkeit untersucht wird.

In einer Studie von Amy deMarco und Mitarbeitern, Brookhaven National Laboratory in Upton/NY, in der Zeitschrift Synapse letzte Woche erschienen, führte Vigabatrin dosisabhängig zu einer Gewichtsreduktion um 12-20% bei Sprague-Dawley- sowie bei nahezu ausgewachsenen und adulten Zucker-Fatty-Ratten.

Vigabatrin ist ein irreversibler Inhibitor der Gamma-Aminobuttersäure-Transaminase (GABA-T), dem Enzym, das für den Katabolismus des inhibitorischen Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA) im Gehirn verantwortlich ist. n the brain. Der Wirkmechanismus von Vigabatrin wird der irreversiblen Enzyminhibition von GABA-T und in der Folge erhöhten Spiegeln am hemmenden Neurotransmitter GABA zugeschrieben.

In Kanada ist Vigabatrin als Sabril von Ovation Pharmaceuticals Inc für die zusätzliche Behandlung bei Epilepsie auf dem Markt, die sich durch konventionelle Therapie nicht ausreichend beherrschen lässt.

Die häufigsten neurologischen Nebenwirkungen schließen Schläfrigkeit, Beeinträchtigung des peripheren Gesichtsfeldes und ein erhöhtes Krampfrisiko ein. Auch über einen Anstieg der Leberenzyme wurde berichtet.

Wie die klinischen Studien zu dieser Substanz bei Adipositas herauskommen, wird interessant sein. Offenbar hat Brookhaven Labs die Lizenz an Catalyst Pharmaceutical Partners (Coral Gables, Florida) erteilt, die es bei suchtartigem Essen (binge-eating disorder, BED) prüfen wollen.

Warum die Forscher (und Catalyst Pharmaceuticals) glauben, dass ausgerechnet BED-Patienten die beste Population sind, um Vigabatrin zu testen, ist mir nicht klar, da diese Störung (siehe meine früheren Blogs) gut auf kognitive Verhaltenstherapie anspricht und sich nicht unbedingt mit den typischen Merkmalen einer Suchtkrankheit äußert. Eines der Hauptcharakteristika der BED ist gerade das Gefühl von Verzweiflung und Versagen nach einer Essattacke, ganz das Gegenteil des "High", das Drogenkonsumenten erleben.

Jedenfalls scheinen mir Patienten mit BED die am wenigsten gut geeigneten Patienten innerhalb der Adipositas-Population zu sein, die auf ein Suchtmedikament ansprechen. Aber wer weiß, vielleicht stellt sich bald das Gegenteil heraus (ich korrigiere mich da gern).

AMS
Edmonton, Alberta

Freitag, 22. August 2008

Kostet Adipositas die Kanadier 95 Milliarden Dollar?

Australien und Kanada haben vieles gemeinsam. Beide sind große hochindustrialisierte und urbanisierte Länder mit recht hohem Lebensstandard und relativ kleiner Population (20 Millionen in Australien; 33 Millionen in Kanada).

Auch die Adipositasraten sind vergleichbar hoch: etwa 16-18% bei Erwachsenen und 8-10% bei Kindern und Jugendlichen.

Was kostet die Adipositas diese Länder? Die neuesten Zahlen für Kanada habe ich nicht, aber ein Bericht, den das führende australische Wirtschaftsberatungsunternehmen Access Economics diese Woche veröffentlichte, schätzt die Gesamtkosten der Adipositas in Australien für 2008 auf 58,2 Milliarden Dollar.

Wenn man annimmt, dass die Kosten der Adipositas in Australien nicht sehr viel anders liegen als in Kanada, würde das hochgerechnet auf die größere Bevölkerung für Kanada etwa 95 Milliarden bedeuten [und 300 Milliarden für die deutschsprachigen Länder].

Weil es innerhalb der Gesundheitssysteme doch einige wesentliche Unterschiede geben könnte, wäre ich bereit, die eine oder andere Milliarde herauszurechnen.

Aber das ändert nichts daran, dass diese atemberaubende Zahl sehr weit von jeder anderen Schätzung der Adipositas-Kosten in Kanada, die ich je gehört habe, abweicht. Am häufigsten wird eine Zahl um 3,5 Milliarden Dollar herumgereicht. Sie get auf eine Schätzung der direkten und indirekten Gesundheitskosten der Adipositas zurück, die 1997 in Kanada publiziert wurde.

Diese Zahlen werden zwar allgemein akzeptiert, aber angesichts der heutigen Adipositas-Raten sind sie lächerlich gering. Die Zahlen für Kanada, die man von den Australischen 2008-Daten extrapolieren kann, liegen über 20-mal so hoch. Das liegt zum einen an der Zunahme der Adipositas im letzten Jahrzehnt und zum anderen an der anderen und ausführlicheren Methodologie, welche die Australischen Ökonomen verwendeten.

Welche Zahlen genau lieferte Access Economics für die Adipositas-Kosten in Australien?

- Die Kosten der Adipositas im Jahr 2008 wurden mit 8,283 Mrd. $ geschätzt. Davon entfielen etwa 3,6 Mrd. (44%) auf Produktivitätskosten, 2,0 Mrd. (24%) auf Gesundheitssystemkosten und 1,9 Mrd. (23%) auf Kosten der Gesundheitsanbieter.

- DWL von Transfers (entgangene Steuern, Wohlfahrts- und anderen Regierungszahlungen) betrugen 727 Millionen Dollar (9%), andere indirekte Kosten beliefen sich auf 76 Millionen $ (1%).

- Die Nettokosten für den Verlust an Wohlbefinden (der Dollarwert für die Krankheitsbelastung, die Kosten des Einzelnen) wurden mit 49,9 Mrd. $ berechnet, sodass sich die Gesamtkosten der Adipositas im Jahr 2008 auf 58,2 Mrd. belaufen.

- Von den Kosten waren 29,4% vom Einzelnen zu tragen, 19,2% von Familie und Freunden, 34,3% von der Landesregierung (2,8 Mrd. pro Jahr), 5,1% von der Bundesregierung, weniger als 0,1% von Arbeitgebern und 11,8% von der übrigen Gesellschaft. Wenn man jedoch die Kosten für das Wohlbefinden einschließt, steigt der Anteil des Einzelnen auf 90,0% des Gesamten.

Der vollständige Bericht kann hier herunter geladen werden.

Ich bin kein Finanzgenie, aber 95 Mrd. Dollar klingen nach sehr viel Geld. Wenn die Experten bei Access Economics nicht völlig daneben liegen oder wenn Kanada nicht völlig anders als Australien ist, dann ist das Adipositas-Problem sehr viel teurer, als die meisten Kanadier (die Regierung eingeschlossen) vermuten.

Wie ich schon mehrfach im Blog betont habe: die wirklichen Kosten der Adipositas fallen nicht bei der Gesundheitsversorgung an - sie bestehen im Verlust des Wohlbefindens und im Verlust der Produktivität unserer gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitenden.

AMS
Edmonton, Alberta

Donnerstag, 21. August 2008

Pro und Contra Computerspiele

Generell erwartet man wohl, dass ein Adipositas-Blog auf Videospielen herumhackt. Heute mal nicht!

Der folgende Text bezieht sich auf einen kürzlich erschienenen Text in einem meiner Lieblings-Blogs: MedGadgets (jeder, der sich für High-Tech-Medizin interessiert, muss sich hier unbedingt einschreiben!).

Laut diesem Blogeintrag stellt die American Psychological Association einige Studien heraus, die am diesjährigen Kongress der APA diskutiert wurden und zeigten, dass Computerspiele sowohl positive als auch negative Auswirkugen auf die Spieler haben.

Einige der zentralen Ergebnisse lauten:

1. Bei Fünft-, Sechst- und Siebtklässlern konnten Computerspiele die kognitiven und Wahrnehmungsfähigkeiten verbessern.

2. Schüler von High Schools und College-Studenten, die gewalttätige Videogames spielten, waren feindseliger, nachtragender und hielten Gewalt eher für normal als andere, die sich mit nichtgewalttätigen Spielen beschäftigten. Spieler von "sozialen" Spielen verwickelten sich seltener in Handgreiflichkeiten in der Schule und halfen anderen Studenten eher.

3. Laut weiteren Studien schnitten Schüler, die mehr Unterhaltungsspiele spielten, schlechter in der Schule ab und hatten ein höheres Adipositas-Risiko.

4. Eine Studie bei 33 laparoskopisch arbeitenden Chirurgen fand, dass Videospieler 27% schneller bei komplizierteren Eingriffen waren und 37% weniger Fehler machten als die Nichtspieler. Fortgeschrittene Fähigkeiten im Videospiel und Erfahrung sind signifikante Prädiktoren für die Geschicklichkeit bei der Naht.

5. Eine zweite Studie bei 303 laparoskopisch arbeitenden Chirurgen (82% Männer, 18% Frauen) erbrachte ebenfalls eiin interessantes Resultat: Wenn sich Chirurgen mit Computerspielen befassten, die räumliche Vorstellung und Handgeschicklichkeit erforderten, ergab ein Bohrtest, dass sie hierin signifikant schneller abschnitten - schon bei ihrem ersten Versuch und bei allen 10 dieser Tests - als Chirurgen, die nicht am PC spielten.

6. In einer anderen Stude fanden Forscher, dass Lernen durch Spiele Lehrbücher und Experimente ergänzen kann, wenn es darum geht, das wissenschaftliche Denken zu fördern.

Machen Sie sich auf MedGadgets selbst ein vollständiges Bild!

Es gibt also offensichtlich zwei Seiten bei Videospielen:

Wenn Sie adipös sind, wollen Sie sicher einen Bogen um Videospiele schlagen. Aber wenn Sie einen bariatrischen Eingriff in Erwägung ziehen, sollten Sie einen Chirurgen finden, der gerne seine Zeit mit Computerspielen vergeudet!

AMS
Edmonton, Alberta

Mittwoch, 20. August 2008

Adipositas ist unfair zu Frauen

Im neuesten Scientific Statement der American Heart Association zur bevölkerungsweiten Prävention weckte eine Passage über Geschlechtsunterschiede meine Aufmerksamkeit. Der Grundtenor lautete: Obwohl Frauen sich viel bewusster mit gesundem Essen und ihrem Gewicht auseinander setzen, ist die Adipositasprävention für sie wohl schwieriger als für Männer.

Die Gründe dafür:

1. Der Kalorienbedarf von Frauen ist im Durchschnitt geringer als der von Männern, weshalb sie für eine ausgewogene Energiebilanz weniger essen können als Männer. Das ist zum Beispiel ein Nachteil beim Auswärts-Essen, weil die Portionen im Restaurant oder Take-away für Frauen und Männer gleich groß sind (Frauen wie Männer neigen dazu, ihre Teller feinsäuberlich leer zu essen!).

2. Wegen ihres geringeren Kalorienbedarfs ist die unbeabsichtigte Aufnahme von ein paarhundert Extrakalorien für die Energiebilanz von Frauen folgenreicher als für Männer.

3. Einen Kalorienüberschuss durch körperliche Aktivität loszuwerden, ist für Frauen wegen ihrer geringeren Körpergröße und ihrem deutlich geringeren Anteil an fettfreier Körpermasse schwieriger.

4. Depression ist häufig mit Zuvielessen und Zunahme korreliert, sowohl aufgrund der Tendenz, die Stimmung mit Nahrungsmitteln aufzuhellen als auch wegen der adipogenen Wirkung vieler Antidepressva. Eine Depression ist bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern. Zudem berichten mehr Fraue als Männer über ein Zuvielessen bei Stress.

5. Frauen entfalten weniger Freizeitaktivitäten als Männer, bereits ab der Adoleszenz. Außerdem sind die Gelegenheiten für körperliche Aktivitäten für Frauen viel begrenzter, aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen und auch, weil sie mehr Angst um ihre Sicherheit haben. Das wirkt sich auf ihre zeitlichen Kapazitäten und die Wahl der möglichen Orte für Sport oder Bewegung aus.

6. Sozial akzeptable Formen körperlicher Aktivität könnten für Frauen stärker eingeschränkt sein als für Männer, besonders in bestimmten ethnischen Gruppen. Soziale Bedenken können beispielsweise die Ablehnung durch Partner oder ander Haushaltsmitglieder sein, weil Sport hier als etwas wahrgenommen wird, das die Frau von ihren familiären Pflichten abhält.

7. Aktivität im Rahmen des Berufs ist ebenfalls bei Frauen häufig geringer.

8. Frauen unterziehen sich häufiger einer Diät oder erleben größere Gewichtsschwankungen, beides Risikofaktoren für eine Zunahme auf lange Sicht.

9. Bei Frauen besteht das Risiko, dass sie nach einer Schwangerschaft ein Teil des zugelegten Gewichts behalten.

Das sind genug Gründe, warum es für Frauen viel schwieriger als für Männer ist, eine Gewichtszunahme zu verhindern. Daran sollte man denken, wenn man weibliche Patienten berät.

AMS
Edmonton, Alberta

Dienstag, 19. August 2008

Adipositas ist ein Zeichen, Zuviel-Essen ein Symptom

Viele Blog-Leser kennen die gegenwärtige und vermutlich nie endende Debatte darüber, ob Adipositas ein Risikofaktor, eine Krankheit, eine Störung oder einfach ein Extrem in der Normalverteilung des Körpergewichts ist. Heute will ich einen weiteren Begriff in den Ring werfen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker bin ich davon überzeugt, dass wir Adipositas als ein klinisches Zeichen ansehen sollten, so wie zum Beispiel ein Ödem. In gleicher Art, wie ein Ödem eine übermäßige Flüssigkeitsansammlung signalisiert, zeigt Adipositas die übermäßige Ansammlung von Körperfett an. So wie das Ödem das klinische Zeichen einer Störung in der Flüssigkeitshomöostase ist, so ist übermäßiges Fett eine Störung der Energiebilanz.

Bei einem Patienten mit Ödem können wir natürlich einfach auf eine symptomatische Therapie setzen, wie Restriktion der Salz- und Flüssigkeitsaufnahme. Aber vermutlich werden erfahrene Kliniker her verstehen wollen, ob die Flüssigkeitsretention auf einer unzureichenden Herzfunktion, Nierenversagen, venöser oder lymphatischer Insuffizienz, Vasodilatatoren oder anderen möglichen Ursachen beruht.

Ähnlich können wir auch bei einem Patienten mit übermäßigem Körperfett einfach eine symptomatische Behandlung verschreiben, wie eine reduzierte Nahrungsaufnahme oder gesteigerte Aktivität, oder wir können versuchen, den Faktoren auf den Grund zu gehen, die den Patienten veranlassen, zuviel zu essen oder sich zu wenig zu bewegen. Ob das Zuvielessen Folge von sozialem Druck, Hunger (Auslassen von Mahlzeiten), Depression, suchtartigem Essen, Olanzapin, Zucker-"Sucht", MC-4-Rezeptordefekt oder einem Kraniopharyngeom ist, kann die Wahl der Behandlung wohl beeinflussen.

Auch ob der Bewegungsmangel auf einem Zeitproblem, Wohnen in unsicheren Stadtvierteln, obstruktiver Schlafapnoe, Angstörungen, Depression, Rückenschmerzen, Fibromyalgie, plantarer Fasziitis, vitaler Erschöpfung oder einer Querschnittslähmung beruht, wird (hoffentlich) entscheidend dazu beitragen, welche Behandlungsstrategie als die am besten geeignete und wirksame ausgewählt wird.

Die Vorstellung, dass sämtliche Menschen mit zuviel Fett einfach weniger essen und sich mehr bewegen sollen, entspricht dem Gedanken, alle Menschen mit Ödem sollten einfach ihre Flüssigkeits- und Salzaufnahme reduzieren.

Wenn Adipositas einfach ein klinisches Zeichen ist, dann sind Zuviel-Essen und Bewgungsmangel nichts anderes als Symptome!

Die Differenzialdiagnose von Zuviel-Essen und zuwenig Bewegung ist komplex und kann soziokulturelle, psychologische, medizinische und iatrogene Ursachen einschließen.

Wir sollten unsere Diagnostik differenzierter und überlegter anlegen. Es ist zu hoffen, dass unsere Fähigkeiten, die zugrundeliegenden Ursachen erfolgreicher anzugehen, dem folgen werden.

AMS
Edmonton, Alberta

Adipositas-Therapie ist eine Behandlung "für immer"

Jeder, der chronische Krankheiten behandelt, weiß, wie schwer es den Patienten fällt, selbst die einfachsten medizinischen Therapien zu befolgen - zum Beispiel eine Tablette pro Tag einzunehmen. Noch schwieriger ist das für Patienten mit psychiatrischen Auffälligkeiten (die über 40% der Patienten betreffen, die eine Adipositas-Behandlung wünschen). Weniger als die Hälfte der Patienten, denen ein Antidepressivum verordnet wurde, nehmen es drei Monate nach Behandlungsbeginn noch ein. Bei bipolarer Störung sinkt dieser Anteil sogar auf 35%.

Pharmakologische Adipositas-Studien erbringen regelmäßig hohe Abbruchraten (um 20-40% nach 12 Monaten). Das unterscheidet sich kaum von dem, was im Alltag bei Blutdruck- oder lipidsenkenden Medikationen zu beobachten ist.

Wenn es schon so schwer ist, regelmäßig eine einzige Tablette einzunehmen, wieviel schwieriger ist es dann, sogar den Lebensstil zu ändern und dabei auch zu bleiben? Ohne Frage brauchen Patienten, die mit übermäßigem Gewicht kämpfen, ein ständiges Coaching, Erinnerungen, Selbstkontrollen und Unterstützungssysteme. Überlässt man sie ihren eigenen Möglichkeiten, wird die große Mehrheit der Patienten in die alten Gewohnheiten zurück fallen und wieder zunehmen.

Wie ich oft sage, gibt es nur zwei Arten von adipösen Patienten - die unbehandelten und die behandelten. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist die Tatsache, dass sich die Patienten in der Behandlungsgruppe aktuell um ihr Gewicht kümmern. Wenn die Behandlung endet, wird Gruppe 2 wieder zu Gruppe 1, das Gewicht steigt also wieder oder weiter an - ohne Ausnahme!

Wie bei anderen chronischen Krankeiten besteht die große Herausforderung bei der Adipositas nicht darin, die Patienten dazu zu bewegen, mit einer Behandlung anzufangen. Die Herausforderung besteht darin, wie man die Patienten dazu bringt, für immer die Behandlung zu befolgen.

AMS
Edmonton, Alberta

Schematic: World Health Organization, 2003

Samstag, 16. August 2008

Pillen funktionieren nicht bei Patienten, die sie nicht schlucken

Der Titel des heutigen Beitrags ist angeblich ein Zitat von Dr. C. Everett Koop (Bild).

Ich bin so frei, die Aussage etwas zu modifizieren: “Therapien für chronische Krankheiten funktionieren nur so lange, wie sie angewendet werden" (Sie können mich entsprechend zitieren :o) ).

Warum ich mit diesem Thema komme? a) weil Adipositas eine chronische Krankheit ist und b), weil das Gewicht immer zurück kommt, sobald die Behandlung aufhört.

Vereinfacht gesagt besteht das Problem der Adipositas-Behandlung nicht darin, wie man abnehmen soll - das einzig wirkliche Problem besteht darin, wie man das Gewicht unten hält.

Die Lösung ist natürlich einfach (und inzwischen hoffentlich allen regelmäßigen Lesern dieses Blogs bekannt): Beenden Sie die Behandlung nicht, wenn der Patient abgenommen hat!

Einfacher gesagt als getan. Aber für die Adipositas gilt hier nichts Spezielles. Tatsächlich ist die Therapietreue der Patienten bei allen chronischen Krankheiten ein Problem - seien es nun Diabetes, Hypertonie oder rheumatoide Arthritis. Sobald die Behandlung endet, meldet sich die "Krankheit" wieder zurück (nebenbei bemerkt, das ist die Definition einer chronischen Krankheit!).

Angesichts der Tatsache, dass die mangelnde Adhärenz ein so verbreitetes Problem ist, wäre es überraschend, wenn dieses Thema nicht schon untersucht worden wäre. Ein sehr lesenswerter und wichtiger Beitrag hierzu ist ein Artikel von Lars Osterberg und Terrence Blaschke, 2005 im New England Journal of Medicine publiziert. Obwohl sich diese Studie mit der Adhärenz gegenüber Medikamenten befasst, treffen die Prinzipien auch für nichtpharmakologische Behandlungen zu.

Besonders interessant sind die Hauptprädiktoren für eine geringe Therapietreue, wie sie in der Arbeit aufzählt werden (jeder Punkt ist im Beitrag referenziert):

1. Psychologische Probleme, besonders Depressionen (ich würde noch die Attention Deficit Disorder/Aufmerksamkeitsstörung ergänzen)

2. Kognitive Beeinträchtigung

3. Asymptomatische Krankheit

4. Unzureichend geplante Nachfolgetermine oder Entlassung

5. Nebenwirkungen

6. Mangelnder Glaube des Patienten an einen Nutzen der Behandlung

7. Mangelne Patienteneinsicht in die Krankheit

8. Unzureichende Beziehung zwischen Therapeut und Patient

9. Hürden gegenüber der Versorgung oder Behandlung

10. Ausgelassene Termine

11. Komplexe Therapie

12. Kosten oder Zuzahlung

Alle diese Punkte treffen auch auf die Adipositas-Behandlung zu. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Zeit zu investieren, um herauszufinden, aufgrund welcher der genannten Punkte Ihr Patient aus der Behandlung fällt - einfach dem Patienten die Schuld zu geben oder ihm Angst zu machen, das sind keine Lösungen.

AMS
Edmonton, Alberta

Donnerstag, 14. August 2008

Nutzt regelmäßig Wiegen für eine bessere Gewichtskontrolle?

Einige Leser sind jetzt wohl verwirrt. In einem früheren Blog schrieb ich, das Gewicht sei kein besonders gutes Maß für Gesundheit (ich nannte es nur eine Ziffer auf einer Skala), andererseits habe ich Anfang dieser Woche empfohlen, als Hilfe für eine Gewichtskontrolle, den Patienten regelmäßig monatliche Termine zum Wiegen anzubieten.

Hier scheint eine nähere Erklärung angebracht.

Ja, das Gewicht ist nur eine Ziffer auf einer Skala und nicht gerade das verlässlichste Kriterium für die Gesundheit des Patienten (ebenso wenig wie der BMI).

Wenn aber andererseits übermäßiges Gewicht wirklich die Gesundheit des Patienten beeinträchtigt (meine Definition der Adipositas) und wenn man mit einer Adipositas-Behandlung beginnt, dann ist das Gewicht selbstverständlich ein wichtiges Maß dafür, ob die Therapie überhaupt anschlägt.

Hilft also das regelmäßige Wiegen den Patienten, ihr Gewicht in den Griff zu bekommen?

Die entscheidende Studie zu diesem Thema ist wohl die von Rena Wing und Mitarbeitern, Brown Medical School, Providence, USA. Sie berichteten im New England Journal of Medicine 2006, dass über eine 18-monatige Beobachtungsperiode bei Patienten mit einer durchschnittlichen Abnahme von 19 kg das tägliche Selbstwiegen mit einem verminderten Risiko verbunden war, mindestens 2,3 kg wieder zuzunehme.

Regelmäßiges Wiegen trägt also dazu bei, eine Zunahme zu verhindern. In einer weiteren Studie zeigten Wing und Kollegen, dass das tägliche Wiegen keine unerwünschten Wirkungen hatte, sondern im Gegenteil eine verbesserte Zurückhaltung bei der Ernährung, verminderte Hemmungslosigkeit und verminderte depressive Symptome (Journal of Consulting and Clinical Psychology 2007).

Trotz dieser Studie meine ich, dass das tägliche Wiegen für einige Menschen einen Tick zu häufig ist.

Yoni Freedhoff diskutierte die NEJM-Studie anlässlich ihres Erscheinens in seinem Blog Weighty Matters:
“Tatsache ist, dass das Gewicht ziemlich dramatisch schwanken kann, aufgrund einer Flüssigkeitsretention, Verstopfung oder Kleidung; daher kann tägliches Wiegen manchmal unglaublich entmutigend sein, wenn man das Gefühl hat, alles richtig gemacht zu haben, aber die Skala zeigt einen Gewichtsanstieg an.

Ich empfehle in der Regel für die Phase der Gewichtsabnahme das einmal wöchentliche Wiegen, unbekleidet, am Mittwoch Morgen (um einen Puffer für das Wochenende zu haben), und so lange ich noch nicht weißk, was das Huhn und was das Ei in der Erhaltungsphase ist, empfehle ich meinen Patienten, sobald die Gewichtsabnahme aufgehört hat, sich täglich zu wiegen und den Trend zu beobachten, weil das sehr hilfreich ist.

In seine Blog warnt Freedhoff auch vor der „Wiegesucht“. Ich kann bestätigen, dass das bei manchen Patienten ein Problem ist.

Deshalb meine ich, dass eine wöchentliche Gewichtskontrolle durch den Patienten selbst während der Abnehmphase, tägliches Wiegen in der Erhaltungsphase und monatliches Wiegen beim Arzt (in beiden Phasen) der goldene Mittelweg ist, der wahrscheinlich dem Patienten am ehesten hilft, auf der richtigen Schiene zu bleiben.

AMS
Edmonton, Alberta

Dienstag, 12. August 2008

Funktionieren Schrittzähler?

Der gestrige Blog-Eintrag provozierte etliche E-Mail-Antworten (warum sind die Leute eigentlich immer noch zu schüchtern für Kommentare direkt auf der Seite?).

Ein Leser fragte, ob es belegt ist, dass die Aufforderung an die Patienten, einen Schrittzähler (Pedometer) zu verwenden, irgend etwas bringt.

Die schlichte Antwort lautet: Ja!

Diese Antwort fußt auf einer Metaanalyse für Bewegungs-Interventionen auf Grundlage eines Schrittzähler-Gebrauchs. Diese Metaanalyse von Caroline Richardson und Kollegen der University of Michigan erschien dieses Jahr in den Annals of Family Medicine.

Für diese Metaanalyse durchsuchten Richardson und Mitarbeiter sechs elektronische Datenbanken und kontaktierten Pedometer-Experten, um Bewegungsstudien auf Schrittzähler-Basis zu identifizieren, die eine Gewichtsänderung als Endpunkt hatten, ohne eine Ernährungsintervention zu beinhalten. Für neun Studien trafen diese Einschlusskriterien zu. Die Zahl der eingeschlossenen Probanden reichte von 15 bis 106, insgesamt waren 307 Teilnehmer eingeschlossen, 73% Frauen und 27% Männer. Die Dauer der Intervention erstreckte sich von 4 Wochen bis zu einem Jahr, mit einer medianen Dauer von 16 Wochen.

Die gepoolte Schätzung der mittleren Gewichtsabnahme ab Studienbeginn mit einem Fixed-Effects-Modell und Kombination der Daten aus allen 9 Kohorten betrug -1,27 kg (95% Vertrauensintervall: -1,85 bis -0,70 kg). Eine längere Interventionsdauer war mit einer größeren Gewichtsveränderung assoziiert. Im Durchschnitt verloren die Teilnehmer unter der Intervention 0,05 kg pro Woche.

Schrittzähler-gelenkte Laufprogramme resultieren also tatsächlich in einem bescheidenen Gewichtsverlust, wobei längere Programme zu einer größeren Abnahme führen als kürzere Programme.


Das sind zwei wichtige Botschaften:

1. Für sich genommen sind Schrittzähler kaum die bedeutendste Adipositas-Intervention (sogar noch intensivere Bewegung wird für sich allein als Abnahmestrategie überschätzt, trotz ihrer vielen gesundheitlichen Vorteile).

2. Wie mit allen Adipositas-Strategien sollte jede Intervention ein lebenslanges Ziel sein. Die Verwendung von Pedometern für ein paar Wochen oder Monaten ist wahrscheinlich unnütz, da das Gewicht in der Minute wieder zu steigen beginnt, in der man den Schrittzähler nicht mehr benutzt.


Falls sich jemand fragt: "Wozu der Aufwand, wenn die Abnahme so bescheiden ausfällt?": Der springende Punkt ist nicht die Abnahme, sondern dass jede dauerhafte Steigerung der körperlichen Aktivität eine Gewichtszunahme besser verhindern kann als eine Strategie, die nur auf Kalorienrestriktion setzt. Ein Pedometer ist eben die einfachste Methode für eine objektive Eigenkontrolle der Aktivität (sicher, Beschleunigungsmesser sind noch besser, kosten aber auch zehn- bis hundertmal so viel).


Tipp: Empfehlen Sie Ihren Patienten, in ein vernünftiges Modell zu investieren. Je billiger, desto anfälliger für Ungenauigkeit und Frustration - ein gutes Modell kostet mindestens 15 Euro - gut angelegtes Geld!


AMS
Edmonton, Alberta

Montag, 11. August 2008

Adipositas-Management in der Grundversorgung

Allgemeinmediziner haben alle Hände voll zu tun. Sie haben wenig bis keine spezielle Ausbildung im Adipositas-Management.

Das Folgende betrachte ich als das Minimum für ein Adipositas-Management, einfach umsetzbar in einer brummenden Praxis (selbst ohne Adipositas-Expertise):

1. Konfrontieren Sie den Patienten nicht mit Anschuldigungen, Druck oder angsteinflößenden Szenarien!

2. Schlagen Sie ihm keine völlig unrealistischen Abnehmziele vor und ermuntern Sie ih auch nicht, solche zu verfolgen! (Für die meisten Patienten sind 5-10% Abnahme realistisch, aber selbst das ist unglaublich schwer zu halten!)

3. Erklären Sie jedoch dem Patienten die Risiken von Übergewicht und Adipositas, und bringen Sie ihm bei, dass die Adipositas eine chronische Angelegenheit wird, sobald sie einmal aufgetreten ist (=jede funktionierende Behandlung muss lebenslang befolgt werden!).

4. Ermutigen Sie Ihren Patienten, regelmäßig zu essen (besonders zu frühstücken!) und ein Ernährungstagebuch zu führen. (Für die meisten Menschen liegt der Schlüssel zum Nicht-Zunehmen darin, nicht hungrig zu werden). Bei emotionalem oder suchtmäßigem Essen hilft es auch, die Emotionen im Zusammenhang mit dem emotionalen Essen zu notieren.

5. Ermutigen Sie den Patienten, mehr Kenntnisse über den Kaloriengehalt von Nahrungsmitteln und Getränken zu gewinnen.

6. Empfehlen Sie, "flüssige Kalorien" zu reduzieren.

7. Empfehlen Sie mindestens 30-60 Minuten körperlicher Aktivität täglich sowie den Gebrauch eines Schrittzählers. Die damit gezählten Schritte sollen im Ernährungstagebuch notiert werden.

8. Empfehlen Sie regelmäßiges Wiegen in der Praxis (mindestens einmal im Monat).

9. Beenden Sie das alles nicht, wenn der Patient nicht weiter abnimmt - die erneute Zunahme zu verhindern, kostet einen noch höheren Aufwand (und mehr Unterstützung) als die Abnahme!

10. Behandeln Sie den "Rezidivismus" genauso, wie es dieser Terminus umschreibt - ein natürliches und erwartetes Phänomen bei einer chronischen Krankheit - beginnen Sie wieder bei Schritt 3.

Bei jeder Konsultation sind folgende Punkte zu beachten und anzusprechen:

1. jede Lebensstiländerungen seit dem letzten Besuch

2. jede Änderung in den Essgewohnheiten seit dem letzten Besuch und achten Sie auf das Führen des Ernährungstagebuchs

3. die aufgenommenen "flüssigen Kalorien"

4. emotionales Essen/Snacken

5. körperliche Aktivität und den Gebrauch des Schrittzählers

6. Gewichtsänderungen (ohne sie zu bewerten!)

- bei Zunahme: betonen Sie, wie wichtig es ist, eine Änderung zu überdenken.

- bei stagnierendem Gewicht: loben Sie den Einsatz, ermutigen Sie zu einer Änderung, ziehen Sie Mahlzeitenersatz (Meal Replacement) oder Medikamente in Betracht.

- bei Abnahme: loben Sie, aber geben Sie auch eine Vorwarnung, dass der Gewichtsverlust kaum genauso fortschreiten wird wie im Augenblick, sprechen Sie über die Erwartungen (5-10% Abnahme als Ziel), fokussieren Sie auf eine Verbesserung von Gesundheit und Lebensqualität stärker als auf Abnahme.

Es liegt auf der Hand, dass dies nur das Minimalprogramm ist. Wäre Adipositas-Management so einfach, hätten wir keine Adipositas-Krise.

AMS
Edmonton, Alberta

Freitag, 8. August 2008

Geht Adipositas an die Nieren?

Die Nieren sind sehr empfindlich gegenüber vielen Risikofaktoren, die auch Atherosklerose und Herzkrankheiten beschleunigen können. So sind beispielsweise hoher Blutdruck und Diabetes gut dokumentierte Risikofaktoren für eine chronische Nierenkrankheit (chronic kidney disease, CKD).

Weil sowohl Hypertonie als auch Diabetes ihrerseits wiederum mit Adipositas verknüpft sind, stellt sich die Frage, ob Adipositas das Risiko für CKD steigert.

Dieser Frage gingen Meredith Foster und Mitarbeiter vom National Heart, Lung, and Blood Institute in Framingham (USA) nach. Sie untersuchten die Beziehung zwischen der CKD im Stadium 3 (= moderat herabgesetzte Nierenfunktion) und dem BMI bei den Framingham Offspring-Teilnehmern (n = 2,676; 52% Frauen, mittleres Alter 43 Jahre), die zu Studieneinschluss noch keine CKD im Stadium 3 hatten und die an den Untersuchungszyklen 2 (1978-1981) und 7 (1998-2001) teilnahmen. (Am J Kidney Dis)

Während sich bei übergewichtigen Teilnehmern kein erhöhtes Risiko für Nierenkrankheiten beobachten ließ, war das Risiko für die Entwicklung einer CKD im Stadium 3 (geschätzte glomeruläre Filtratoinsrate <59 ml/min/1.73 qm für Männer, 64 ml/min/1.73 qm für Frauen) bei adipösen Personen um 68% erhöht.

Diese Beziehung wurde jedoch nichtsignifikant, wenn die Daten hinsichtlich Diabetes, systolischem Blutdruck, Hypertoniebehandlung, aktuellem Rauchverhalten und HDL-Cholesterinspiegel korrigiert wurden.

Die Autoren schlussfolgern richtig, dass die Verknüpfung zwischen Adipositas und CKD im wesentlichen durch den Effekt der Adipositas auf andere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie oder Diabetes erklärt wird.

Wenn übermäßiges Gewicht den Blutdruck erhöht oder zu Diabetes führt, dann muss man sich ganz klar auch um die Nieren Sorgen machen.

AMS
Edmonton, Alberta

Donnerstag, 7. August 2008

Jugendlichen-Adipositas tötet im mittleren Alter

Ja, es gibt die Adipositas-Epidemie der Kinder und Jugendlichen. Man spricht landläufig von der „ersten Generation von Kindern, die nicht länger leben wird als ihre Eltern“.

Ist das aber wahr? Wo sind die Daten, die zeigen, dass die Adipositas in der Kindheit wirklich einen Risikofaktor für vorzeitigen Tod darstellt?

Diese Frage hat jetzt Tone Bjørge mit Mitarbeitern von der Universität Bergen (Norwegen) beantwortet, mit vielleicht der größten Studie, die bisher zu diesem Thema publiziert worden ist. Sie erschien gerade imAmerican Journal of Epidemiology.

Bjørge und Koautoren untersuchten die Beziehung zwischen BMI (gemessene Größe und Gewicht) und Mortalität bei 227 000 Adoleszenten (14-19 Jahre), die in norwegische Beobachtungsstudien zwischen 1963 und 1975 aufgenommen worden waren. Während der Nachbeobachtung mit 8 Millionen Personenjahren wurden 9650 Todesfälle beobachtet. Verglichen wurde die ursachenspezifische Mortalität bei Personen mit einem BMI zu Studienbeginn unter der 25. Perzentile, zwischen der 75. und 84. Perzentile und über der 85. Perzentile in einer Referenzpopulation aus den USA mit der von Individuen, deren BMI zwischen der 25. und 75. Perzentile lag.

Das Risiko für einen Tod an endokrinen, durch die Ernährung und metabolisch verursachten Krankheiten und von Erkrankungen des Herzkreislaufsystems war in den beiden höchsten BMI-Kategorien für beide Geschlechter erhöht. Das relative Risiko für einen Tod an ischämischer Herzkrankheit lag bei 2,9 für Männer und bei 3,7 für Frauen in der höchsten BMI-Klasse, verglichen mit der Referenzpopulation. Auch zeigte sich ein erhöhtes Risiko für Kolonkarzinom (Männer: 2,1, Frauen: 2,0), Erkrankungen der Atemwege (Männer: 2,7, Frauen: 2,5) und plötzlichen Herztod (Männer: 2,2, Frauen: 2,7).

Die Autoren schließen, dass die Adipositas im Adoleszentenalter mit einer erhöhten Mortalität an verschiedenen wichtigen Ursachen im mittleren Alter korreliert ist.

Das ist ganz klar kein gutes Zeichen für das, was unsere Töchter und Söhne erwartet, wenn wir die Adipositas-Krise nicht in den Griff bekommen.

AMS
Edmonton, Alberta

Mittwoch, 6. August 2008

Sibutramin senkt den Blutdruck bei Hochrisikopatienten

Sibutramin (Markenname Reductil), ein Serotonin- und Norepinephrin-Wiederaufnahmehmmer (SNRI), ist ein verschreibungspflichtiges Medikament für die Adipositas-Therapie.

Obwohl Sibutramin seit fast einer Dekade in über 70 Ländern erhältlich ist und belegen konnte, dass es das Gewicht und Komorbiditäten sowie Risikofaktoren bei adipösen Menschen senkt, blieb sein bei einigen Patienten blutdrucksteigerndes Potenzial eine wichtige Hürde für den breiten Einsatz.

In der neuesten Ausgabe von Diabetes Obesity and Metabolism veröffentlichen wir gemeinsam mit anderen Kollegen vom Executive Steering Committee eine Analyse der Blutdruckänerungen unter Sibutramin während der sechswöchigen Anfangsphase des Sibutramine Cardiovascular Outcomes Trial (SCOUT), einer laufenden doppelblinden randomisierten plazebokontrollierten Studie an mehr als 10,000 übergewichtigen/adipösen Patienten mit hohem Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis.

In der sechswöchigen Anfangsphase erhielten 10,742 Patienten Sibutramin und Gewichtsmanagement. Zu Studienbeginn hatten etwa 50% der Patienten einen zu hohen Blutdruck, und 26% lagen im hochnormalen Bereich.

Bei hypertensiven Patienten sank der Bludruck im Median um 6.5 mmHg systolisch und 2.0 mmHg diastolisch (p < 0.001). Selbst hypertensive Patienten ohne Gewichtsabnahme oder mit Zunahme hatten eine mediane Abnahme des Blutdrucks um 3.5 mmHg systolisch und 1.5 mmHg diastolisch (p < 0.001). Etwa 43% der Patienten, die eingangs als hypertensiv galten, waren am Endpunkt nach 6 Wochen einer niedrigeren Blutdruckkategorie zuzuordnen.

Auf der anderen Seite zeigte sich bei normotensiven Patienten ein medianer Anstieg um 1.5 mmHg systolisch und 1.0 mmHg diastolisch (p < 0.001), der sich unter der Gewichtsabnahme jedoch wieder abschwächte.

Wie erwartet, waren die Pulsraten gleichmäßig über alle Blutdruck- und Gewichtsverlustkategorien erhöht (im Median 1-4/min, p < 0.001).

Alle Patienten erhielten Sibutramin in der Einleitungsphase, und man muss sich vor Augen halten, dass ein Teil der Blutdrucksenkung durch eine Regression zum Mittelwert erklärbar sein könnte. Dennoch bestätigen die Daten, dass selbst bei einer Population mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse die Mehrheit der Patienten (besonders die hypertensiven) eine Blutdrucksenkung erfahren wird.

Ob die Behandlung mit Sibutramin auch die kardiovaskuläre Mortalität senken wird, muss man noch abwarten, bis die Studie im nächsten Jahr endet.

Bis dahin unterstützen diese Daten jedenfals die Auffassung, dass Sibutramin in der großen Mehrheit der Patienten mit kontrollierter Hypertonie eingesetzt werden kann, ohne einen Blutdruckanstieg befürchten zu müssen.

Bei den wenigen Patienten, bei denen der Blutdruck doch ansteigt, sind selbstverständlich entsprechende Anpassungen der antihypertensiven Medikation oder das Absetzen des Sibutramins zu erwägen.

AMS
Edmonton, Alberta

Interessenkonflikt: Ich gehöre dem Executive Steering Committee des SCOUT an und erhalte Honorare für Zeit und den Aufwand von Abbott Laboratories, dem Hersteller von Sibutramin.

Dienstag, 5. August 2008

Adipositas-Therapie ist Prävention!

Im Globe and Mail vom 4. August liefert der Wissenschaftsjournalist Andre Picard Argumente (wie an der International AIDS Conference diskutiert), dass die AIDS-Behandlung Prävention sei, weil behandelte Patienten die Krankheit mit geringerer Wahrscheinlichkeit übertragen.

Das Gleiche lässt sich zur Adipositas sagen, vielleicht sogar mit noch mehr Nachdruck. Adipositas ist nicht nur ein Hauptrisikofaktor für eine ganze Latte von mentalen und physischen Gesundheitsproblemen einschließlich Typ-2-Diabetes, Arthritis und Krebs – die Behandlung trägt gut dokumentiert dazu bei, diesen Krankheiten vorzubeugen oder sie sogar zu kurieren. So kann beispielsweise die Adipositasbehandlung nicht nur Typ-2-Diabetes verhindern, sondern kann ihn oft rückgängig machen bis hin zur Heilung. Die Adipositas-Chirurgie kann die Krebsmortalität um 60% senken.

Aber die Adipositas-Therapie ist vielleicht auch die effektivste Prävention dafür, dass wir noch mehr Adipositas-Patienten bekommen. Die Evidenz mehrt sich, dass epigenetische Veränderungen schon im Uterus und während der ersten Lebensmonate die Kinder übergewichtiger und adipöser Müttern in Richtung einer späteren Adipositas programmieren. Vielleicht das beste Beispiel, wie eine entschlossene Adipositasbehandlung die Adipositas bei Kindern verhindern kann, kommt von einer Studie der Laval-Universität in Quebec, in der die Kinder adipöser Mütter, die sich einer Adipositaschirurgie unterzogen hatten, deutlich seltener adipös wurden als erwartet.

Viele Experten glauben heute, dass möglicherweise der beste Ansatz für die Therapie der Adipositasepidemie bei Kindern darin besteht, auch energisch die Eltern einer Adipositasbehandlung zuzuführen. Tatsächlich gibt es wenig Evidenz, dass eine Behandlung der Kinder ohne eine Behandlung der Eltern auf lange Sicht erfolgreich sein kann.

Die kürzlich gemachte Beobachtung, dass die Adipositas bei Freunden und Bekannten “ansteckend” sein kann, hat sogar ernste Diskussionen veranlasst, ob die Behandlung adipöser Menschen die Ausbreitung dieser Störung auf Freunde und Familie verhindern könnte.

Während wir also darauf warten, dass Politiker und Einzelkämpfer wichtige Breschen für die Adipositasprävention schlagen, indem sie die adipogene Umwelt und den adipogenen Lebensstil verändern, ist es auch notwendig, in die Adipositas-Behandlungen zu investieren, nicht nur für den Einzelnen, der mit diesem Problem kämpft, sondern auch für seine Familie und Freunde.

AMS
Edmonton, Alberta

Montag, 4. August 2008

Wieder ein erfolgreiches Obesity Boot Camp

Die ganze letzte Woche verbrachte ich am 2008 Obesity Boot Camp, das gemeinsam vom Canadian Obesity Network (CON) und dem Merck-Frosst/CIHR Obesity Chair der University of Laval, Quebec, organisiert wurde.

Wie in den beiden früheren Camps brachte auch das diesjährige "Lager" wieder einige der besten und intelligentesten Studenten und Berufsanfänger aus ganz Kanada für über 100 Stunden Ausbildung und gesellige Aktivitäten (wie das Tree Top Adventure, Kayaking, eine Tour durch Quebec City und die obligatorischen abendlichen Ausflüge nach DD) zusammen.

Insgesamt habe ich keinen Zweifel daran, dass wie in den vorangegangenen Camps einige Freundschaften fürs ganze Leben geschmiedet wurden - persönlicher und beruflicher Art.

Was mich betrifft, habe ich wieder viel durch Zuhören und Diskutieren mit den Studenten und Referenten gelernt. Nach wie vor sind keine einfachen Lösungen für die Adipositas in Sicht, aber es gibt doch Anlass für Optimismus, wenn man die Begeisterung sieht, mit der sich die Studenten in die Aufgabe stürzen, dieses größte globale Gesundheitsproblem unserer Zeit
zu lösen.

Das Canadian Obesity Network ist allen Vortragenden und Förderern dankbar, die dieses Camp ermöglicht haben.

Persönlich freue ich mich auf den weiteren Kontakt mit den Boot Camp Alumni über die kommenden Monate und Jahre.

AMS
Edmonton, Alberta

Freitag, 1. August 2008

Training in der Pille

Körperliche Aktivität hat zahlreiche positive Auswirkungen auf die mentale und physische Gesundheit. Durch den gesenkten Bedarf and körperlicher Aktivität zur Sicherung der Grundbedürfnisse (utilitaristische Aktivität) hängt es immer mehr vom Einzelnen ab, das zu kompensieren, indem er sich in Freizeitaktivität (nicht-utilaristisch) engagiert, allgemein als "Training"
oder Sport bezeichnet.

Zahllose Hürden stellen sich dem Sport in den Weg, wie zu wenig Zeit, Mangel an Motivation, Schmerzen oder Verletzungen. Forscher haben daher den Gedanken verfolgt, die positiven Wirkungen des Trainings mit Hilfe von Medikamenten zu imitieren, welche die gleichen Genexpressionsmuster und metabolischen Änderungen wie unter Training induzieren.

In der gestern erschienenen Ausgabe von CELL berichten Vihang Narkar und Kollegen vom Salk Institute in La Jolla/Kalifornien über ihre Ergebnisse, dass die Kombination eines oral aktiven AMPK-Agonisten mit einem PPARβ/δ-Agonisten metabolische Gene induzieren und dramatisch die Lauf-Ausdauer bei bewegungsarmen Mäusen steigern kann. Außerdem induzierte
der PPARβ/δ-Agonist in Kombination mit Training synergistisch fatigue-resistente Typ-I-Fasern und die mitochondriale Biogenese, was deutlich die physische Leistung steigerte.

Diese Resultate zeigen, dass der AMPK-PPARδ-Signalweg durch oral aktive Medikamente angesprochen werden kann, um die Trainingsadaption zu steigern oder sogar die Ausdauer ohne Übung zu verbessern.

Natürlich müssen Therapien, die bei Mäusen funktionieren, beim Menschen nicht gleich wirksam oder sicher sein. Auch zeigten die Forscher nicht, dass die Induktion metaoblischer Gene und die Steigerung der Ausdauer auch eine bessere Gesundheit der Mäuse nach sich zog.

Aber die Ergebnisse sind vielversprechend und sicher ein größerer Schritt in Richtung einer pharmakologischen Alternative zu körperlichem Training.

Bis dahin gibt es jedenfalls keine Alternative dazu, körperlich so aktiv wie möglich zu sein. Angelo Tremblay, der gestern zu den Studenten am CON Obesity Boot Camp, betonte, dass ein gesteigertes Engagement in körperlicher Aktivität ein entscheidendes Charakteristikum von Individuen ist, die abnehmen und es dann schaffen, ihr Gewicht auch zu halten.

AMS
Duschesnay, Quebec

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