Mittwoch, 24. September 2008

Lässt reichlich Eiweiß mehr Fett schmelzen?

Regelmäßige Leser dieser Seiten wissen gut, wie wichtig ich eine ausreichend hohe Proteinaufnahme finde, besonders unter einer kalorienreduzierten Diät.

Aber wie viel Protein ist genug Protein?

Dieser Frage ging Leo Treyzon mit seinen Mitarbeitern der Universität von Kalifornien in Los Angeles nach. Sie berichteten über ihre kontrollierte Studie zur Proteinanreicherung von fertigen Diät-Mahlzeiten im Journal of Nutrition.

Es handelte sich um eine einfachblinde plazebokontrollierte randomisierte Studie zum Gewichtsverlust bei 100 ambulant behandelten adipösen Männern und Frauen. Sie verglich zwei isokalorische Diätpläne und verwendete Standard-Ersatzmahlzeiten (meal replacement, MR), denen zusätzliches Protein- oder Kohlenhydratpulver zugesetzt war. MR wurde zweimal täglich verwendet (eine Mahlzeit, eine Zwischenmahlzeit). Eine zusätzliche Mahlzeit wurde in den Diätplan aufgenommen, um eine individualisierte Eiweißaufnahme zu erreichen, und zwar

1) 2,2 g Protein/kg/fettfreie Körpermasse (LBM, lean body mass)/Tag (Hochprotein-Diät, HP)

oder

2) 1,1 g Protein/kg LBM/Tag (Standardproteindiät, SP)

Die fettfreie Körpermasse wurde mit Hilfe der bioelektrischen Impedanz ermittelt. Das Gewicht, die Körperzusammensetzung und das Lipidprofil wurden zu Studienbeginn und nach 12 Wochen dokumentiert.

85 Personen schlossen die Studie ab. Die Gewichtsabnahme fiel in beiden Gruppen vergleichbar aus (-4,19 kg HP, -3,72 kg SP). Aber die Personen in der HP-Gruppe verloren signifikant mehr Fettgewicht (etwa 1 kg) als die in SP, geschätzt mit Impedanz. Die HP-Gruppe ließ außerdem eine signifikante Abnahme der Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegel erkennen.
Die Autoren schließen, dass Ersatzmahlzeiten mit höherem Eiweißgehalt zu einem signifikant höheren Fettverlust führen als die Standard-Proteinaufnahme.

Was bedeutet das? Natürlich hat die Studie relevante Limitierungen. Eine 12-Wochen-Studie ist kaum lange genug, um den langfristigen Erfolg dieser eiweißreichen Strategie zu bestimmen. Wie mit jeder Abnehmstrategie ist es für den Erhalt des erreichten Körpergewichts notwendig, dem Regime treu zu bleiben – ob diese Methode umsetzbar oder akzetabel ist, war keine Frage, die diese Studie beantworten kann.

Meine Quintessenz lautet, dass eine relativ eiweißreiche Diät zumindest der Gewichtsabnahme nicht entgegen steht. Andererseits ist mir nicht klar, warum das zu einem selektiv höheren Verlust an Fettmasse führen sollte. Aber wenn dem tatsächlich so sei, dann hätte wohl niemand etwas dagegen einzuwenden..

AMS
Toronto, Alberta

Dienstag, 23. September 2008

2,16 Milliarden übergewichtige Personen im Jahr 2030?

“Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen" - Niels Bohr (dänischer Physiker )

Kürzlich tauchten ziemlich optimistische Ergebnisse auf (wie in meinem Blog diskutiert), die andeuteten, dass zumindest in den USA die Adipositas-Epidemie ihren Höhepunkt erreicht hat. Aber selbst wenn das tatsächlich so wäre, gibt es kaum einen Grund, sich keine Sorgen mehr zu machen, denn die Adipositas-Epidemie greift anderswo unvermindert weiter um sich.

Wo werden wir im Jahr 2030 stehen, nur gute zwei Jahrzehnte von jetzt an, wenn der globale Trend weiterhin nicht abflaut?

Das war das Thema einer Analyse von Tanika Kelly und Kollegen, Tulane University in New Orleans. Sie erschien aktuell im
International Journal of Obesity.

Kelly und Mitarbeiter identifizierten publizierte Berichte zur Prävalenz von Übergewicht und Adipositas in repräsentativen Populationsstichproben aus 106 Ländern, die etwa 88% der gesamten Weltbevölkerung ausmachen. Dann bezogen sie die geschlechts- und altersspezifische Prävalenz von Übergewicht und Adipositas auf die Bevölkerung im Jahr 2005, um die Zahlen für übergewichtige und adipöse Personen in jedem Land, jeder Weltregion und der gesamten Welt zu schätzen. Zusätzlich legten sie diese Prävalenzen mit und ohne Korrektur für Jahrhunderttrends zugrunde, um die Zahl an übergewichtigen und adipösen Menschen im Jahr 2030 vorauszusagen.

Im Jahr 2005 waren 937 Millionen oder 23,2% der Weltbevölkerung übergewichtig (24,0% der Männer und 22,4% der Frauen), und 396 Millionen oder 9,8% waren adipös (7,7% der Männer, 11,9% der Frauen). Für das Jahr 2030 wurde die Zahl der übergewichtigen und adipösen Erwachsenen mit 1,35 Milliarden und 573 Millionen Personen projiziert, ohne Korrektur für
Jahrhunderttrends. Für den Fall, dass die jüngsten Jahrhunderttrends wie bisher weiter gehen, wurde die absolute Zahl mit 2,16 Milliarden übergewichtigem und 1,12 Milliarden adipösem Individuen prognostiziert.

Kaum überraschend schlossen die Autoren, dass Übergewicht und Adipositas weltweit wichtige klinische und gesundheitspolitische Probleme sind.

Sollte sich jemand fragen, was genau die globalen Epidemien an Diabetes, Herzkrankheiten, Arthrose und Krebs unterhält: Sie brauchen nicht weiter zu schauen. Die einfache Botschaft lautet: Wenn Politiker und Gesundheitssysteme die Adipositasprävention und -behandlung nicht baldmöglich in den Griff bekommen, dann sind vermutlich alle anderen
Anstrengungen null und nichtig.

AMS
Toronto, Ontario

Montag, 22. September 2008

Zeitfressende Uhr und gesundheitsfressende Adipositas

Am Freitag war ich in Cambridge, UK, wo ich wegen ein paar Minuten Stephen Hawkins öffentliche Enthüllung einer bemerkenswerten, über eine Million Euro teure mechanischen Uhr verpasste. Sie zeigt eine riesige zeitfressende Heuschrecke.

Die Uhr, deren Herstellung ihren Erfinder und Horologen John Taylor sieben Jahre kostete, hat keine Zeiger oder digitalen Zahlen, sondern verwendet statt dessen blitzende blaue LED-Lichter, um alle fünf Minuten die genaue Stunde, Minute und Sekunde anzuzeigen. (So lange sie die Zeit nicht anzeigt, schießen die blauen Blitze in anscheinend zufälligen Mustern herum).

Oben auf der Uhr dreht ein glänzender, mit dem Hinterteil wippender Grashüpfer (oder Chronophage = Zeitfresser) unermüdlich den Rand einer 1,20 m messenden runden Drehscheibe, wobei er in seinen mahlenden Kiefern die Minuten verschlingt und damit die Beobachter gemahnt, dass die Zeit vergeht. In Worten des Erfinders: “Ich wollte darstellen, dass die Zeit ein Zerstörer ist – sobald eine Minute verstrichen ist, kann man sie nie mehr zurück bekommen.”

Als ich über den zeitverschlingenden Grashüpfer nachlas und nachdachte, kam mir unwillkürlich die Analogie zum Übergewicht – jeden Tag, den man das Übergewicht mit sich schleppt, nimmt es einen Bissen von der Gesundheit, erhöht den Blutdruck, belastet das Herz, stört den Schlaf, knabbert am Knorpel der Hüften und Knie und steigert das Krebsrisiko. Aber ganz anders als bei der Zeit kann viel vom angerichteten Schaden nochmals rückgängig gemacht oder wenigstens gestoppt werden, indem man abnimmt und das Gewicht dann hält – wenn man früh genug eingreift.

Einfacher gesagt als getan. Und ist es nicht ein sonderbarer Zufall, dass die häufigste „Ausrede“ für ungesundes Essen und zu wenig Bewegung gerade der Zeitmangel ist – während der Chronophage die Zeit verschlingt, die Sie ins Gewichtsmanagement stecken müssen, verschlingt Ihr Gewicht Ihre Gesundheit - wäre das nicht auch eine Idee für eine Uhr – oder lieber für eine Waage?

Hier finden Sie ein faszinierendes Video (englisch) und die Erklärung für The Corpus Clock and Chronophage

AMS
Toronto, Ontario

Samstag, 20. September 2008

Adipositas und Benzinpreise foerdern Fahrradverkauf

Die Stammleser dieses Blogs kennen meine Leidenschaft fuer das Radfahren - keiner wird mich je auf einem Fahrrad-Ergometer ertappen, aber ich fahre gern mit dem Rad, wenn ich irgendwohin kommen will.

Aber mit steigenden Adipositas-Raten und gestiegenen Oelpreisen sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ich die Radwege weiter ganz fuer mich allein habe.

Laut einem Artikel im ECONOMIST verkaufte Giant Manufacturing (Taiwan), der weltgroesste Fahrradhersteller, im letzten Monat die Rekordzahl von 46,000 Raedern. Fuer viele Modelle leisten die Kauefer schon Monate, bevor ihr Kauf vom Band rollt, eine Anzahlung (aehnlich wie bei Hybrid-Autos).

Seit 2004 sind die Preise fuer Fahrraeder um 23% in Europa, 45% in Amerika und fast 50% in Asien gestiegen, und das, obwohl Tausende von Billigherstellern Schiffsladungen von billigen Fahrraedern auf den Markt werfen.

Wenn Sie die Fahrradwirtschaft genauer interessiert: lesen Sie einfach den Beitrag im ECONOMIST.

AMS
Edmonton, Alberta

Mittwoch, 17. September 2008

Wasser trinken, um abzunehmen?

Genug zu trinken ist ein wichtiger Aspekt einer gesunden Ernährung. In früheren Arbeiten zeigten meine ehemaligen Kollegen Michael Boschmann und Jens Jordan in Berlin, dass es den Grundumsatz 60 Minuten lang um 25% steigert, wenn gesunde Männer 500 ml Wasser trinken – nicht jedoch, wenn sie die gleiche Menge einer isoosmotischen Salzlösung einnehmen (JCEM 2007).

Kann Wassertrinken also beim Gewichtsmanagement helfen? Und ist ein solcher Effekt spezifisch für Wasser?

Diese Frage wurde jetzt von Jodi Stookey und Mitarbeitern des Oakland Research Insitute in Oakland (Kalifornien) eingehender untersucht. Sie publizierten ihre Ergebnisse diesen Monat in OBESITY.

Die retrospektive Studie prüfte den Zusammenhang zwischen absolut und relativ vermehrtem Wassertrinken und der Gewichtsabnahme über 12 Monate bei 173 übergewichtigen Frauen vor der Menopause (zwischen 25 und 50 Jahren), die an der Stanford A TO Z Weight Loss Study teilnahmen und zu Studienbeginn angaben, weniger als einen Liter Wasser pro Tag zu trinken.

Ernährung, körperliche Aktivität, Körpergewicht, Prozent Körperfett (gemessen per DEXA) und Taillenumfang wurden zu Studienbeginn sowie nach 2, 6 und 12 Monaten ermittelt. An jedem dieser Zeitpunkte wurden die durchschnittlichen täglich genossenen Mengen an Wasser, nichtkalorienhaltigen Getränken, ungesüßten kalorienhaltigen Getränken (z.B. 100% Fruchtsaft, Milch) und gesüßten kalorienhaltigen Getränken dokumentiert. Nahrungsenergie und Nährstoffe wurden mithilfe von drei vorher unangekündigten 24-Stunden-Abfragungen zur Ernährung geschätzt. Die Menge an Getränken wurde in absoluter Menge (g) und in relativer Menge (% der Getränke) festgehalten.

Absolut und relativ vermehrtes Wassertrinken war mit einem signifikanten Verlust an Gewicht und Fett im Zeitverlauf assoziiert, unabhängig von der Diätgruppe, von Änderungen bei anderen Getränken, von der Menge und Zusammensetzung anderer Nahrungsmittel und von der körperlichen Aktivität.
Wie bedeutsam ist dieses Ergebnis? Es ist sicherlich konsistent mit der Hypothese, dass Wassertrinken tatsächlich den Stoffwechsel beeinflusst. Andererseits sind retrospektive Studien mit einigen Schwierigkeiten befrachtet. Ich meine, wir sollten auf eine prospektive randomisierte Studie warten, um das endgültig zu klären.

AMS
Edmonton, Alberta

Dienstag, 16. September 2008

Unterstützt Chitosan das Abnehmen?

Chitosan entsteht durch Deazetylierung von Chitin, einem Baustein der Panzer von Krebstieren. Es wird breit als Schlankheitsmittel verkauft - mit dem Anspruch, dass Chitosan (bzw. die löslichen Ballaststoffe, die sich bilden, wenn Chitosan mit verdünnter Magensäure in Kontakt kommt) Fett binden und die Fettresorption bzw. -Verdauung in einem für das Abnehmen relevanten Ausmaß herabsetzen kann. Als “natürliches” Produkt wird es auch als sicher ohne Nebenwirkungen angeboten, untermalt durch persönliche Fallgeschichten von ungeheuer optimistischen „Abnehm-Wundern“.

Und, funktioniert Chitosan auch?

Diese Frage thematisierte ein kürzlich erschienener Cochrane Database Systematic Review von Andrew Jull und Mitarbeitern der Universität von Auckland in Neuseeland. Die Forscher prüften elektronische Datenbanken (MEDLINE, EMBASE, BIOSIS, CINAHL, The Cochrane Library), spezialisierte Webseiten (Controlled Trials, IBIDS, SIGLE, Reuter’s Health Service, Natural Alternatives International, Pharmanutrients), Bibliographien relevanter Zeitschriftenbeiträge, und sie kontaktierten wichtige Autoren und Hersteller.

Studien wurden in die Übersicht aufgenommen, wenn sie Chitosan randomisiert über mindestens vier Wochen bei Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipositas untersuchten. Die Autoren der eingeschlossenen Studien wurden um zusätzliche Information gebeten, wenn notwendig.

15 Studien mit insgesamt 1219 Teilnehmern erfüllten die Einschlusskritierien. Die Analyse zeigte, dass Chitosan-Präparate im Vergleich zu Plazebo einen statistisch signifikant größeren Gewichtsverlust von etwa 1,7 kg herbeiführten, mit einem mäßigem Rückgang von Gesamtcholsterin und Blutdruck.

Die Autoren stellen jedoch fest, dass die Studienqualität vielfach suboptimal war. Wenn sie die Analyse auf größere und längere Studien begrenzten, waren die Effekte substanziell geringer ausgeprägt als in den kleineren Studien.

Die Autoren schließen: Es gibt einige Evidenz, dass Chitosan in der kurzfristigen Behandlung von Übergewicht und Adipositas etwas wirksamer als Plazebo ist, aber die Ergebnisse der wenigen Studien guter Qualität zeigen, dass die Chitosan-Wirkung auf das Körpergewicht minimal ist und kaum klinische Bedeutung erlangen kann.

Für mich ist das eindeutig nicht genug Evidenz, um Chitosan meinen Patienten zu empfehlen. Mein Rat lautet: Sparen Sie ihr Geld für Behandlungen, die tatsächlich funktionieren.

AMS
Edmonton, Alberta

Freitag, 12. September 2008

CABPS begrüßt Unterstützung für die Bariatrie

Gestern besuchte ich ein Symposium von der Canadian Association of Bariatric Physicians and Surgeons (CABPS) in Halifax.

Mehran Anvari (McMaster University) berichtete über die Ankündigung, dass den bariatrischen Centers of Excellence in Ontario 75 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt werden, und Nikolas Christou (McGill University) betonte den dringenden Bedarf für ähnliche Entscheidungen in den anderen kanadischen Provinzen einschließlich Quebec.

Bariatrische Chirurgen, die sich bemühen, Programme in Regina (Saskatchewan), Moncton (New Brunswick), Richmond (British Columbia) und weiteren Regionen zu entwickeln, sprachen über ihre Anstrengungen und den ungeheuren Bedarf an ihren Angeboten.

In meinem Vortrag forderte ich eine landesweite Initiative, um den Zugang zur bariatrischen Versorgung zu verbessern, nicht nur für chirurgische, sondern auch für medizinische, psychologische und rehabilitative Verfahren. Ebenso betonte ich, dass es unrealistisch ist, den über 5 Millionen Kanadiern, die ihre Adipositas bekämpfen wollen, eine Behandlung zukommen zu lassen, wenn nicht ihre Hausärzte und Grundversorgernetzwerke sich landesweit voll hierfür engagieren.

Die Adipositas nicht zu behandeln heißt letzten Endes, die Komplikationen behandeln zu müssen – Adipositas-Therapie IST Prävention!

AMS
Halifax, Nova Scotia

Donnerstag, 11. September 2008

German-Canadian Business Association

Diese Woche hielt ich einen Vortrag vor der German-Canadian Business and Professional Association of Alberta.

Der Titel meines Referats lautete “Adipositas: Kosten und Möglichkeiten”.

Ein Vortrag über Adipositas vor einem Saal voller Unternehmer und Geschäftsleute ist etwas ziemlich anderes als eine Präsentation, die ich üblicherweise vor Medizinern, Politikern oder Laien mit Interesse an Adipositas halte.

Ohne Frage beeinflusst Adipositas das Business, egal welche Geschäfte man betreibt. Wie in einem früheren Blog-Eintrag zu lesen, hat das Conference Board die jährlichen Kosten der Adipositas für US-Arbeitgeber mit etwa $45 Milliarden beziffert, wesentlich mehr als die Kosten für Rauchen oder problematisches Trinken.

Andererseits gibt es einen riesigen globalen Markt für Adipositas-Lösungen, die tatsächlich funktionieren (und sogar für solche, die nicht funktionieren). Wie Leser dieses Blogs wissen, bietet eine Milliarden-Dollar-Industrie Abnehmmethoden feil, die nicht nur wertlos sind, sondern vielfach sogar nachteilig für Menschen, die verzweifelt alles versuchen, um abzunehmen. Stellen Sie sich den Markt und den Gewinn vor, wenn Sie wirklich ein Produkt oder Programm anbieten könnten, das seine Versprechen einhält.

Geld verdienen kann man mit Diagnostik, Therapeutika, Beratung, Dienstleistungen, Ausrüstung, medizinischen Geräten und sogar mit Möbeln und Kleidung. Wenn wir die Ideen und Expertise von akademischen Institutionen in Alberta anzapfen, um Lösungen für Adipositas zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen, die wirklich funktionieren, wird das nicht nur den Einwohnern von Alberta dienen, sondern hoffentlich jedem anderen auch, der mit dieser bedauerlichen Sache kämpft.

AMS
Edmonton, Alberta

Adipositas und Notfallintubation

Die Intubation zur Sicherung der Atemwege ist eine der häufigsten Maßnahmen der Notfallversorgung von Schwerverletzten. Jeder, der schon intubiert hat, weiß, dass die anatomischen und physiologischen Verhältnisse bei Adipositas eine Intubation erschweren. Die Vermutung liegt daher nahe, dass das Risiko für ein Fehlschlagen der Intubation oder für Atemwegskomplikationen im Notfall bei schwer verletzten adipösen Patienten erhöht ist.

Trifft das aber tatsächlich zu?

Um diese Frage zu beantworten, haben Ziad Sifri und Mitarbeiter der New Jersey Medical School in Newark prospektiv gesammelte Daten aus einer Datenbank von 9880 Patienten untersucht (Journal of Trauma). Diese Patienten waren einem städtischen Traumazentrum der Maximalversorgung zugewiesen worden und hatten dringlich eine atemwegssichernde Versorgung benötigt. Die Autoren ordneten die Patienten nach ihrem BMI vier verschiedenen Gruppen zu.

Über die dreijährige Studiendauer, wurden 1435 (14%) notfallmäßig intubiert. Sie stellten die Studienpopulation. Etwa 92% der Intubationen auf der Notfallstation wurden vom Anästhesie-Team vorgenommen. Von allen notfallintubierten Patienten waren 46% schlank, 37% übergewichtig, 15% adipös und 2% adipös mit Folgekrankheiten.

Interessanterweise war der BMI kein unabhängiger Risikofaktor für fehlgeschlagene Intubationen, Atemwegskomplikationen nach Intubation oder Tod, weder außerhalb der Klinik noch auf der Notfallstation. Nur frühe Atemwegskomplikationen zeigten einen statistisch signifikanten, aber klinisch wohl kaum relevanten Bezug zu einem höheren BMI.

Die Autoren schließen, dass die Notfallintubation adipöser Traumapatienten sicher und erfolgreich in einem Traumazentrum der Maximalversorgung durchgeführt werden kann. Ob das Gleiche auch für Zentren mit weniger Erfahrung gilt, muss man noch sehen.

Insgesamt stimmt diese Studie deutlich mit früheren Ergebnissen überein, dass das Gewicht oder die Größe keine bestimmende Determinante für das Behandlungsergebnis oder die Überlebenswahrscheinlichkeit in kritischen Situationen ist.

In erfahrener Hand gibt es eindeutig keinen Grund, bei Patienten mit höheren BMI mit einer Intubation zu zögern.

AMS
Edmonton, Alberta

Mittwoch, 10. September 2008

Adipositas sagt eine schlechte Brustkrebsprognose voraus

Die Adipositas ist nicht nur ein relevanter Risikofaktor für Brustkrebs, sondern sie ist auch mit schlechteren Behandlungsresultaten korreliert.

Der Grund für diesen Zusammenhang ist unklar und wurde kürzlich von Jennifer Litton und Mitarbeitern der Universität von Texas, Houston, genauer beleuchtet (Journal of Clinical Oncology).

Die Forschungsgruppe untersuchte die Beziehung zwischen BMI und dem Ansprechen auf neoadjuvante Chemotherapie (NC) bei Frauen mit operablem Brustkrebs. Neoadjuvante Chemotherapie ist ein Konzept, bei dem Patienten noch vor der Operation eine Chemotherapie erhalten, um den Tumor zu verkleinern, sodass die Operation einfacher und die Wahrscheinlichkeit für
einen Erfolg höher wird.

Von Mai 1990 bis Juli 2004 wurde bei 1169 Patientinnen am M. D. Anderson Cancer Center invasiver Brustkrebs diagnostiziert und vor der Operation mit NC behandelt. Die Frauen wurden den Kategorien übergewichtig, adipös und normal/untergewichtig zugeordnet. Die logistische Regressionsanalyse wurde eingesetzt, um die Assoziation zwischen BMI und einem vollständigen Ansprechen (völlige Freiheit von intakten Tumorzellen im entfernten Gewebe, ein Marker für eine gute Prognose) zu ermitteln.

30% der Patientinnen waren adipös, 32% waren übergewichtig und 38% normal- oder untergewichtig. Übergewichtige und adipöse Frauen erlebten etwa 30 bis 40% seltener ein vollständiges Ansprechen nach obengenannter Definition.

Interessanterweise hatten adipöse Frauen auch häufiger Hormon negative Tumoren, Tumoren im Stadium III, und ihre Gesamtüberlebensrate nach einer mittleren Nachbeobachtungsdauer von 4,1 Jahren war signifikant schlechter.

Die Autoren schließen, dass Adipositas nicht nur ein Risikofaktor für Brustkrebs ist, sondern auch ein Risikofaktor für ein schlechteres Ansprechen auf die neoadjuvante Chemotherapie und für ein schlechteres Gesamtüberleben. Sie raten, dem Adipositas-Management mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um die Versorgung von Brustkrebspatientinnen zu optimieren.

Denken Sie daran: Gewichtsabnahme ist zumindest in chirurgischen Studien mit einer Senkung der Krebsmortalität um 60% assoziiert!

AMS
Edmonton, Alberta

Montag, 8. September 2008

Führen Süßstoffe zur Gewichtszunahme?

Süßstoffe sind besonders in Getränken weit verbreitet, und die Nahrungs- und Getränkeindustrie setzt sie verschwenderisch in "Diätprodukten" ein. Paradoxerweise haben etliche große Studien in jüngster Zeit übereinstimmend gezeigt, dass der vermehrte Genuss dieser Produkte mit Gewichtszunahme einher geht.

Auch eine neue Studie von Sharon Fowler und Mitarbeitern an der Universität von Texas in San Antonio, gerade in OBESITY erschienen, bestätigt das. Die Arbeitsgruppe untersuchte die Korrelation zwischen dem Genuss künstlich gesüßter Getränke (artificially sweetened beverage, ASB) und der langfristigen Zunahme in der San Antonio Heart Study. Von 1979 bis 1988
wurden Größe, Gewicht und Konsum künstlich gesüßter Getränke bei 5158 erwachsenen Einwohnern von San Antonio, Texas, gemessen. Sieben bis acht Jahre später wurden 3682 Teilnehmer (74% der Überlebenden) nochmals untersucht.

Bei den Teilnehmern mit einem BMI unter 30 zu Studieneinschluss waren mehr als >21 ASB pro Woche versus kein Genuss süßstoffhaltiger Getränke mit einem fast verdoppelten Risiko für Übergewicht oder Adipositas assoziiert. Bei diesem Ergebnis erhebt sich die Frage, ob Süßstoff unsere eskalierende Adipositas-Epidemie noch verstärkt, statt sie zu bekämpfen.

Wenn ASB keine Kalorien haben, wie kommt es dann zu diesem Ergebnis?

Die Autoren äußern einige verschiedene Vermutungen:

1. Der Gebrauch von Süßstoff könnte einfach ein "Marker" für Leute mit Gewichtsproblemen sein. Das klingt ziemlich logisch. Natürlich, wer zunimmt, egal aus welchem Grund, greift eher zu Süßstoffen. Am Ende hat man doch noch weiter zugenommen, aber dann sieht es aus, also ob diese Produkte das das Problem verursachen; ohne diese Produkte hätten diese Menschen vielleicht noch viel mehr zugenommen.

2. Der Genuss von Süßstoffen könnte indirekt zur Gewichtszunahme führen: Dafür könnte es mehrere Gründe geben einschließlich der Tatsache, dass man die durch weniger Zuckeraufnahme eingesparten Kalorien durch eine höhere Fettaufnahme wieder wettmacht (am Ende holt sich der Körper immer die Kalorien, die er braucht). Verwender von Diätprodukten könnten mit anderen Nahrungsmitteln überkompensieren ("ich hatte ja eine Diätlimo und 180 kcal gespart, jetzt kann ich mir einen zweiten Burger gönnen" [mit 400 kcal] = Nettoüberschuss von 220 kcal). Weil Süßsstoffe so süß sind, könnten sie drittens auf lange Sicht die Süßempfindung desensibilisieren. Wenn man dann richtigen Zucker isst, nimmt man dann davon mehr (=mehr Kalorien), damit es ebenso süß schmeckt.

3. Süßstoff könnte direkt zur Zunahme führen: Es gibt Evidenz dafür, dass zumindest bei einigen Menschen Süßstoff oder süßer Geschmack selbst Hunger, Heißhunger oder die Menge an genossenen Nahrungsmitteln steigern kann. Ein paar Studien haben angedeutet, dass Süßstoffe den Insulinspiegeln steigern können, in der Folge dann zur Hypoglykämie und zu Hunger führen. Schließlich erwiesen sich zumindest in Tierstudien hohe Aspartamspiegel als neurotoxisch im arquatischen Nukleus des Hypothalamus, einer entscheidenenden Kernregion für die Regulierung von Hunger und Appetit.

Was der Grund auch sein mag, mein Rat an die Patienten lautet, sich von Süßstoffen zu verabschieden. Wenn es gar nicht anders geht, ist es besser, etwas richtigen Zucker über das Essen zu streuen oder sogar die halbe Menge in Getränken zu genießen. Vor ein paar Jahren habe ich selbst umgestellt von zwei Teelöffeln Zucker im Kaffee auf überhaupt keinen Zucker - ich brauchte eine Weile, um mich daran zu gewöhnen, aber heute schmeckt mir gesüßter Kaffee gar nicht mehr, und ich genieße nur noch ein bisschen Zucker im Tee.

AMS
Edmonton, Alberta

Sonntag, 7. September 2008

Ist aktives Pendeln eine Lösung für die Adipositas-Krise?

Wir leben nun einmal in einer Gesellschaft, die für das Automobil entworfen wurde und unverändert vom Automobil abhängig ist. Das kann eine bedeutende Variable unter den vielschichtigen Faktoren sein, die man für den Motor der Adipositas-Epidemie hält (das Wortspiel ist eher unbeabsichtigt!).

Wie stark würde "aktives Pendeln" (also zur Arbeit zu laufen oder mit dem Rad zu fahren) dazu beitragen, das Ausmaß der Adipositas-Prävalenzu zu reduzieren?

Dieser Frage ging nun Roy Shephard, Universität von Toronto, genauer auf den Grund. Er publizierte seine Arbeit gerade in Sports Medicine.

Laut Shephard ziehen zwar Kinder und Jugendliche Radfahren vor, aber für Erwachsene wird Gehen zur bevorzugten Option, aus Gründen der Sicherheit, der Fahrradunterbringung und des geforderten Kleidungsstils in der Firma. Das ist besonders in nordamerikanischen Städten so, wo die Stadtplanung und das Wetter nicht günstig fürs Radfahren sind. In einigen europäischen Ländern ist der aktive Transport häufiger, wenn es Fahrrad- und Fußgängerwege gibt. Aber in den meisten entwickelten Gesellschaften ging der "aktive Nahverkehr" in den letzten Jahren zurück.

Versuche, das Zufußgehen in einer "seßhaften" Bevölkerung zu fördern, hatten bisher noch wenig Erfolg.

Ein wöchentlicher zusätzlicher Energieverbrauch von mindestens 4000 kJ (~1000 kcal) wird empfohlen, um die Gesamt- und die kardiovaskuläre Mortalität zu senken. Das kann man beispielsweise erreichen, indem man zweimal am Tag an 5 Tagen pro Woche1,9 km in 22 Minuten geht, oder indem man bei einer Geschwindigkeit von 16 km/h 11 Minuten lang zweimal täglich an 5 Tagen pro Woche radfährt.

Bei Gehen auf ebener Strecke kann diese Belastung für einen kardiovaskulären Nutzen bei älteren Erwachsenen angemessen sein. Aber fitte junge Arbeiter müssen entweder schneller oder auf einer hügeligen Strecke gehen, um kardiorespiratorisch zu profitieren. Radeln dagegen kan auch für junge Erwachsene einen ausreichenden kardiovaskulären Stimulus bieten.

Empirische Daten haben bisher unterschiedliche Ergebnisse erbracht: Eine gesenkte Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität wurde häufiger bei Radlern als bei Fußgängern beobachtet und häufiger bei Frauen und älteren Männern als bei jungen aktiven Pendlern.

Wir brauchen noch mehr Information über die typische wöchentliche Aktivitätsdosis beim aktiven Pendeln und den Einfluss, den diese Art, zur Arbeit zu kommen, auf die allgemeine Haltung gegenüber körperlicher Aktivität hat. Auch müssen wir bessere Methoden finden, um unsere inaktive Bevölkerung einzubinden, sowohl durch Beratung als auch durch eine veränderte Stadtplanung.

Ich mache mir keine Illusionen, dass wir die Adipositas-Epidemie in naher Zukunft durch aktives Pendeln lösen können, aber für meinen Teil bin ich froh, dass meine täglich Radstrecke (7 km in 24 Minuten) jeweils zur und von der Arbeit die Erfordernisse für kardiovaskuläre Fitness und geringere Mortalität übersteigt (aber abgenommen habe ich dadurch bestimmt nicht!).

AMS
Edmonton, Alberta

Donnerstag, 4. September 2008

Warum uns WAGR weiter führt

Es gibt über 50 Syndrome mit Adipositas, von denen die meisten mit einer mehr oder weniger ausgeprägten mentalen Retardierung einher gehen. Bei einigen dieser Syndrome kann die Adipositas auf Probleme mit der Mobilität oder der kognitiven Kontrolle der Nahrungsaufnahme einher gehen. In vielen Fällen nimmt man aber an, dass der zugrunde liegende genetische Defekt direkt die Gene betrifft, die für die Energiekontrolle wichtig sind. Beim mit Heißhunger und Hyperphagie einher gehenden Prader-Willi syndrom beispielsweise, einem der häufigsten Syndrome mit einer bereits ab Kindheit auftretenden Adipositas, sind vermutlich genau die Gene, die das Syndrom verursachen, direkt in der Regulierung von Hunger und Appetit involviert.

Obwohl sie ziemlich selten sind, lassen sich diese syndromischen Adipositasformen als “natürliche Experimente" auffassen, und ihre eingehender Untersuchung kann Einblick in die komplexe Biologie der Energiehomöostase geben. Wenn sich die Gene finden lassen, welche diese seltenen Adipositasformen verursachen, könnte das zu neuen pharmakologischen Zielen und damit zu neuen Medikamenten führen, die vielleicht auch bei adipösen Menschen wirken, die nicht am betreffenden Syndrom leiden.

Diese Woche beleuchtet die Arbeitsgruppe von Joan Han (National Institutes of Health in Bethesda, MD) im New England Journal of Medicine das Gen, das für das extrem seltene WAGR syndrom (Wilms-Tumor, Aniridie, urogenitale Fehlbildungen und mentale Retardierung) verantwortlich ist. Diese Patienten bilden eine kleine Untergruppe der schweren, in der Kindheit beginnenden Adipositas. Verursacht wird das WAGR Syndrom durch einen Bruch der WT1- und PAX6-Gene, die auf dem Chromosom 11 lokalisiert sind. Durch Einsatz verschiedener Techniken fanden die Forscher, dass adipöse Individuen mit diesem Syndrom einen zusätzlichen genetischen Defekt haben, der das Gen für den Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) einschliesst.

Dass BDNF tatsächlich eng mit der Energieregulierung zu tun hat, wurde bereits aufgrund von Studien bei Mäusen und Fallberichten über adipöse Kinder vermutet, die entweder eine Mutation dieses Gens oder seines Rezeptors für das Genprodukt (TrkB) erkennen ließen. Die aktuelle Studie liefert nun schlüssige Evidenz, dass ein Defekt oder eine Insuffizienz dieses Gens tatsächlich zu einer hyperphagen Adipositas mit Beginn in der Kindheit führt.

Warum ist das wichtig? Wie das Begleiteditorial von Philippe Froguel und Alexandra Blakemore betont, zeigten Tiermodelle, dass BDNF, das im hypothalamischen paraventrikulären Kern freigesetzt wird, eng mit der Wirkung von anderen hypothalamischen Faktoren im Zusammenhang steht, die mit dem Nahrungsaufnahmeverhalten in Verbindung stehen, so mit dem a-MSH/MC4 Rezeptor-Signalweg und hemmenden Wirkungen des Neuropeptids Y. Die Infusion von BDNF ins Gehirn verminderte die Hyperphagie bei MC4R-defizitären Mäusen. Es ist daher vorstellbar, dass zerebral wirksame BDNF-Mimetika sich in der Adipositastherapie als wirksam erweisen könnten.

Selbstverständlich ist es ein langer Weg von der Identifikation eines potenziellen Ziels bis zum tatsächlich wirkenden Medikament, das sicher genug für die Anwendung beim Menschen ist. Aber neue Hoffnung auf eine Therapie kann nur durch ein besseres Verständnis der komplexen Neurobiologie des Nahrungsaufnahmeverhaltens entstehen.

Im Augenblick besteht unsere beste Therapie für die schwere Adipositas in chirurgischen Eingriffen. Vor diesem Hintergrund ist jede Hoffnung auf eine Behandlung willkommen, mit der sich die Zahl der Patienten, die definitiv chirurgisch behandelt werden müssen, senken lässt.

AMS
Edmonton, Alberta

Mittwoch, 3. September 2008

Was wollen Kids und Eltern?

Zum Weight Wise Program gehören zwei pädiatrische Adipositaskliniken der Tertiärversorgung. Sie versorgen die steigende Zahl adipöser Kinder und Jugendlichen der Region.

Was erwarten diese Jugendlichen und ihre Eltern von einem Adipositas-Programm? Welche Hürden müssen sie zur Verbesserung des Lebensstils überwinden? Welche Themen sind in der Familie, unter Gleichaltrigen, im Gesundheitssystem, für die Strategie und das Programm generell wichtig?

Mit diesen Fragen befassten sich Nicholas Holt und Kollegen, Universität von Alberta, in einer Studie, die aktuell in Qualitative Health Research erschien. Für diese Studie unter Leitung von Geoff Ball (Bild), wurden 41 Interviews mit Eltern und Kindern auf der Warteliste der pädiätrischen Gewichtsmanagement-Klinik geführt. Die daraus gesammelten Daten wurden über eine fundierte Methodologie analysiert.

Die Studie erlaubt zahlreiche Einblicke in familiäre und andere Bedingungen, mit denen diese Familien konfrontiert sind. Ich finde, die folgenden Zitate sprechen für sich:

Zur Überbehütung durch Eltern:

“Seit [unsere Tochter] klein war, als erste tolle Tochter in der Familie . . . haben wir sie nicht aus den Augen gelassen. Wir waren ängstlich, jeder von uns, nicht nur [meine Frau] und ich . . . die ganze Familie eben . . .weil sie [Tochter] das erste Kind war . . . wir hatten einfach Angst, dass ihr etwas passiert . . . wahrscheinlich haben wir sie ein bisschen zuviel beschützt . . . [vor körperlicher Aktivität].”

oder

“Ich habe [meinen Sohn] extrem überbehütet . . . ich habe ihm immer gesagt, ‘Geh nicht raus in die Kälte’. Ich will nicht, dass er nach draußen geht. Wir haben das nicht gefördert [sich zu bewegen].”

(in einer Stadt wie Edmonton dauert der Winter 5 Monate - da ist das tatsächlich keine besonders hilfreiche Haltung)

Zu Mahlzeiten in der Familie:

“Mein Mann hat gerade einen neuen Job mit Schichtarbeit. Sich um fünf gemeinsam an den Tisch zu setzen, das gibt es bei uns einfach nicht mehr . . . I setze mich an die Frühstückstheke und er sitzt vor dem Fernseher, und jeder isst für sich mit einem anderen Fernseher vor der Nase.”

Zur Bedeutung des Fernsehens allgemein:

“Ich glaube, wir haben ungefähr fünf TV-Geräte zu Hause und vier davon sind nur . . . also zwei sind DVD-Spieler. Naja, bei meinem Bruder im Zimmer steht einer für DVDs und Filme, aber das ist alles. Mein Vater hat einen in seinem Zimmer, der empfängt über den Satelliten von unten. Unten steht auch noch einer, mit einem großen Bildschirm, das ist aber nur
Satellitenfernsehen. In unserem Spielzimmer haben wir zwei TVs. Der eine davon soll für “GameCube” sein und der andere ist eigentlich für die “PlayStation”, aber aus irgendeinem Grund kann man mit den beiden auch fernsehen. Ja, dann haben wir noch einen Computer . . . oder besser zwei . . . ein Laptop und einen Computer.”

Wie Fernsehen das soziale Leben verkümmern lässt:

“[Die Freundinnen meiner Tochter] treffen sich und reden über . . . also da gibt es One Tree Hill, Gilmore Girls, Grey’s Anatomy . . . und das sehen sie fast jeden Abend . . . Ich weiß nicht, wie ich die Fernsehzeit begrenzen soll. . . ich weiß es einfach nicht. Das wäre echt schwierig . . . sie könnte ja noch über einzelne von diesen Serien mitreden . . . dann würde das ihr soziales Leben nicht ganz ruinieren . . . obwohl, wahrscheinlich täte es das doch.”

Zur medizinischen Versorgung:

“Die Medizin, wissen Sie, die Leute machen einen Schilddrüsentest und solche Dinge und sonst passiert dann fast nichts, und alles packen sie dann auf [unsere] Schultern.”

Jeder, der sich für Kinder- und Jugendlichen-Adipositas interessiert, muss diese faszinierende Studie lesen, um besser zu verstehen, was tatsächlich in den Familien abläuft, die mit Adipositas kämpfen, und mit welchen Hindernissen sie konfrontiert sind, wenn sie ihr Verhalten ändern wollen.

Ich kann den Autoren nur beipflichten, die resümieren: “Für Programmplaner und Anbieter medizinischer Dienstleistungen, die den bestmöglichen Service entwickeln und anbieten sollen, ist es von fundamentaler Bedeutung, die persönlichen Erfahrungen von übergewichtigen Kindern und ihrer Familien, die Gewichtsmanagement wünschen, zu kennen und zu berücksichtigen .”

Wie bei Erwachsenen sind Zuviel-Essen und "Unter-Bewegung" Symptome familärer, kultureller, gesellschaftlicher und umweltbedingter Herausforderungen, die sich den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien stellen. Ihnen einfach zu raten "isst weniger und beweg dich mehr” ist etwa so wirkungsvoll wie ihnen zu sagen “schönen Tag heute”.

AMS
Edmonton, Alberta

Dienstag, 2. September 2008

Wochenend-Lebensstil und Körpergewicht

Das lange Wochenende verbrachte ich mit Wandern auf den Gipfel des Bear’s Hump Mountain im Waterton Lakes National Park und besuchte den Head-Smashed-in Buffalo Jump und die Frank Slide Interpretive Centres in Southern Alberta. Andere haben vielleicht Vorbereitungen für den Schulstart getroffen.

Nachdem das Wochenende vorbei ist, fragen Sie sich vielleicht, wie die Wochenend-Beschäftigung denn das Körpergewicht beeinflussen soll.

Diese Frage war Gegenstand einer randomisierten kontrollierten Studie, die ein Jahr mit Kalorienrestriktion (caloric restriction/CR) mit einem Jahr täglichem Sport (daily exercise/EX) bei 48 gesunden Erwachsenen zwischen 50 und 60 Jahren mit einem BMI zwischen 23,5 und 29,9 verglich (OBESITY). In dieser Studie von Susan Racette und Mitarbeitern, Washington University in St. Louis, Missouri, wurden die Teilnehmer gebeten, ihr Körpergewicht jeden Morgen an 7 aufeinanderfolgenden Tagen zu messen. Daten langen vor zu insgesamt 165 Wochen vor der Intervention (Baseline) und zu 437 Wochen während der Interventionsphase.

Vor der Intervention (Baseline) nahmen die Teilnehmer durchgehend an den Wochenend-Tagen zu (um 0,06 kg/Tag), nicht dagegen an den Wochentagen. Das konnte einer höheren Kalorienaufnahme an Samstagen und weniger körperlicher Aktivität an Sonntagen im Vergleich zu den Wochentagen zugeordnet werden. Während der Intervention war die Energiebilanz bei CR- und EX-Teilnehmern über die Woche negativ, aber am Wochenende unterbrachen die CR-Teilnehmer die Abnahme, und EX-Teilnehmer nahmen sogar zu (um 0,08 kg/Tag), aufgrund einer höheren Energieaufnahme während des Wochenendes.

Die Autoren ziehen den Schluss, dass Änderungen im Lebensstil am Wochenende zur Gewichtszunahme beitragen oder den Gewichtsverlust stoppen.

Diese Ergebnisse liefern nicht nur eine Erklärung für das relativ geringe Ausmaß des Gewichtsverlusts in vielen Studien, sondern sie betonen auch, wie wichtig es ist, die Kalorienaufnahme am Wochenende im Auge zu behalten (einfach mehr Aktivität ist nicht genug!).

Was bedeuten diese Daten für das langfristige Gewichtsmanagement?

Wahrscheinlich nicht viel. Sie erinnern sich, der Erhalt des Gewichts, vor allem die Prävention eines erneuten Gewichtsanstiegs, ist eine lebenslange Aufgabe. Macht man das an 5 von 7 Tagen richtig, ist das wahrscheinlich nicht so schlecht.

Der Blick auf die Waage am Montag sollte die Laune nicht verderben - bis Freitag ist Zeit, sich für das Wochenende zu wappnen.

Oder noch besser - wiegen Sie sich nur mittwochs, wenn Sie hoffentlich wieder auf dem richtigen Gleis sind. Nur, wenn das Gewicht an zwei aufeinanderfolgenden Wochenmitten ansteigt, muss man sich wieder auf seine Ziele besinnen.

AMS
Edmonton, Alberta