Mittwoch, 3. September 2008

Was wollen Kids und Eltern?

Zum Weight Wise Program gehören zwei pädiatrische Adipositaskliniken der Tertiärversorgung. Sie versorgen die steigende Zahl adipöser Kinder und Jugendlichen der Region.

Was erwarten diese Jugendlichen und ihre Eltern von einem Adipositas-Programm? Welche Hürden müssen sie zur Verbesserung des Lebensstils überwinden? Welche Themen sind in der Familie, unter Gleichaltrigen, im Gesundheitssystem, für die Strategie und das Programm generell wichtig?

Mit diesen Fragen befassten sich Nicholas Holt und Kollegen, Universität von Alberta, in einer Studie, die aktuell in Qualitative Health Research erschien. Für diese Studie unter Leitung von Geoff Ball (Bild), wurden 41 Interviews mit Eltern und Kindern auf der Warteliste der pädiätrischen Gewichtsmanagement-Klinik geführt. Die daraus gesammelten Daten wurden über eine fundierte Methodologie analysiert.

Die Studie erlaubt zahlreiche Einblicke in familiäre und andere Bedingungen, mit denen diese Familien konfrontiert sind. Ich finde, die folgenden Zitate sprechen für sich:

Zur Überbehütung durch Eltern:

“Seit [unsere Tochter] klein war, als erste tolle Tochter in der Familie . . . haben wir sie nicht aus den Augen gelassen. Wir waren ängstlich, jeder von uns, nicht nur [meine Frau] und ich . . . die ganze Familie eben . . .weil sie [Tochter] das erste Kind war . . . wir hatten einfach Angst, dass ihr etwas passiert . . . wahrscheinlich haben wir sie ein bisschen zuviel beschützt . . . [vor körperlicher Aktivität].”

oder

“Ich habe [meinen Sohn] extrem überbehütet . . . ich habe ihm immer gesagt, ‘Geh nicht raus in die Kälte’. Ich will nicht, dass er nach draußen geht. Wir haben das nicht gefördert [sich zu bewegen].”

(in einer Stadt wie Edmonton dauert der Winter 5 Monate - da ist das tatsächlich keine besonders hilfreiche Haltung)

Zu Mahlzeiten in der Familie:

“Mein Mann hat gerade einen neuen Job mit Schichtarbeit. Sich um fünf gemeinsam an den Tisch zu setzen, das gibt es bei uns einfach nicht mehr . . . I setze mich an die Frühstückstheke und er sitzt vor dem Fernseher, und jeder isst für sich mit einem anderen Fernseher vor der Nase.”

Zur Bedeutung des Fernsehens allgemein:

“Ich glaube, wir haben ungefähr fünf TV-Geräte zu Hause und vier davon sind nur . . . also zwei sind DVD-Spieler. Naja, bei meinem Bruder im Zimmer steht einer für DVDs und Filme, aber das ist alles. Mein Vater hat einen in seinem Zimmer, der empfängt über den Satelliten von unten. Unten steht auch noch einer, mit einem großen Bildschirm, das ist aber nur
Satellitenfernsehen. In unserem Spielzimmer haben wir zwei TVs. Der eine davon soll für “GameCube” sein und der andere ist eigentlich für die “PlayStation”, aber aus irgendeinem Grund kann man mit den beiden auch fernsehen. Ja, dann haben wir noch einen Computer . . . oder besser zwei . . . ein Laptop und einen Computer.”

Wie Fernsehen das soziale Leben verkümmern lässt:

“[Die Freundinnen meiner Tochter] treffen sich und reden über . . . also da gibt es One Tree Hill, Gilmore Girls, Grey’s Anatomy . . . und das sehen sie fast jeden Abend . . . Ich weiß nicht, wie ich die Fernsehzeit begrenzen soll. . . ich weiß es einfach nicht. Das wäre echt schwierig . . . sie könnte ja noch über einzelne von diesen Serien mitreden . . . dann würde das ihr soziales Leben nicht ganz ruinieren . . . obwohl, wahrscheinlich täte es das doch.”

Zur medizinischen Versorgung:

“Die Medizin, wissen Sie, die Leute machen einen Schilddrüsentest und solche Dinge und sonst passiert dann fast nichts, und alles packen sie dann auf [unsere] Schultern.”

Jeder, der sich für Kinder- und Jugendlichen-Adipositas interessiert, muss diese faszinierende Studie lesen, um besser zu verstehen, was tatsächlich in den Familien abläuft, die mit Adipositas kämpfen, und mit welchen Hindernissen sie konfrontiert sind, wenn sie ihr Verhalten ändern wollen.

Ich kann den Autoren nur beipflichten, die resümieren: “Für Programmplaner und Anbieter medizinischer Dienstleistungen, die den bestmöglichen Service entwickeln und anbieten sollen, ist es von fundamentaler Bedeutung, die persönlichen Erfahrungen von übergewichtigen Kindern und ihrer Familien, die Gewichtsmanagement wünschen, zu kennen und zu berücksichtigen .”

Wie bei Erwachsenen sind Zuviel-Essen und "Unter-Bewegung" Symptome familärer, kultureller, gesellschaftlicher und umweltbedingter Herausforderungen, die sich den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien stellen. Ihnen einfach zu raten "isst weniger und beweg dich mehr” ist etwa so wirkungsvoll wie ihnen zu sagen “schönen Tag heute”.

AMS
Edmonton, Alberta

Keine Kommentare: